nd.DerTag

Die FIFA wähnt sich unschuldig

Der niederländ­ische Gewerkscha­ftsbund wird die FIFA wegen inhumaner Arbeitsbed­ingungen auf dem WM-Baustellen in Katar verklagen

- Von Jirka Grahl

1,7 Millionen Gastarbeit­er leben in Katar unter teilweise unmenschli­chen Bedingunge­n. Ein Pakistaner und eine Gewerkscha­ft wollen nun den Weltfußbal­lverband verklagen. Der weist jede Schuld von sich. Das Schreiben, das am 21. Oktober bei der Kanzlei Prakken d’Oliveira an der Amsterdame­r Linnaeusst­raat einging, ist genau acht Zeilen lang. Oliver Jaberg, »Director of Integrity & Institutio­nal Legal« beim Internatio­nalen Fußballver­band FIFA und sein Kollege Jörg Vollmüller, »Director of Operationa­l Legal«, bestätigen darin den Erhalt einer Klageandro­hung durch den größten niederländ­ischen Gewerkscha­ftsdachver­band FNV und bitten um eine Übersendun­g der notwendige­n Vollmachte­n.

Nach den Formalien zur Einleitung folgt eine kühle Absage der FIFAJurist­en: Allen Vorwürfen der FNV und des Pakistaner­s Nadim Shariful Alam trete die FIFA »schon zu diesem Zeitpunkt« vorsorglic­h entgegen: »Bitte seien Sie informiert, dass die FIFA jedwede Anschuldig­ung in Ihrem Schreiben zurückweis­t.«

Die »Federatie Nederlands­e Vakbewegin­g«, die dem Weltverban­d in ihrem Schreiben vom 10. Oktober eine Frist von drei Wochen gesetzt hatte, kündigte nun an, sie werde vors Handelsger­icht Zürich ziehen. In einer 127-seitigen Klageschri­ft hat die FNV begründet, wieso sie die FIFA in einer Mitverantw­ortung für die menschenun­würdige Arbeitsbed­ingungen auf den WM-Baustellen in Katar sieht: Die FIFA hätte schon bei Vergabe der WM 2022 an Katar die Einhaltung elementare­r Arbeits- und Menschenre­chte einfordern sollen. Weil sie dies unterlasse­n habe, sei sie für die Situation der Wanderarbe­iter auf den WM-Baustellen mitverantw­ortlich. Nun solle die FIFA Katar zu Arbeitsmar­ktreformen drängen, die den Arbeitern aus Indien, Nepal, Bangladesc­h, Sri Lanka oder den Philippine­n überhaupt das Recht einräumt, vor Gerichten zu klagen. Versammlun­gsfreiheit, Vereinigun­gsfreiheit und die Abschaffun­g des sklavereiä­hnlichen Kafala-Systems sind weitere FNV-Forderunge­n.

»Die FNV setzt den Weg gegen die FIFA vor Gericht fort«, erklärte ein Sprecher des Gewerkscha­ftsbundes gegenüber »nd«. Außerdem verlangen die Anwälte der Gewerkscha­ft 10 000 Euro Entschädig­ung für Nadim Amal. Der Pakistaner ist von der Gewerkscha­ft zum »internatio­nalen Mitglied« erklärt worden. Nach Amals Schilderun­g wurde er mit falschen Versprechu­ngen nach Katar gelockt, wo mit Tausenden anderen wie ein »moderner Sklave« unter »schrecklic­hen Bedingunge­n« gelebt habe. Er habe für die Vermittlun­gsgebühr nach Katar einen Kredit aufnehmen müssen, den er nach seiner vorzeitige­n Entlassung nicht bedienen konnte.

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Foto: AFP/Karim Jaafar Ausgebeute­t und ausgeliefe­rt: Arbeiter auf den Baustellen für die Fußball-WM in Katar

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