Sigurdsson vor dem Abschied
Handballer müssen wohl bald neuen Trainer suchen
Berlin. Es ist nicht lange her, da schwärmte Dagur Sigurdsson noch von seiner Lust auf weitere Jahre mit dem deutschen Handballnationalteam. »Unser Hunger ist da. Die Turniere dürfen ruhig schnell kommen«, hatte der Bundestrainer nach Olympiabronze in Rio gesagt. Knapp zwei Monate später scheint dieser »Hunger« zumindest beim Erfolgstrainer selbst nicht mehr allzu groß. Nach einem Bericht von »Handball Inside« will der Isländer seinen im Sommer 2017 auslaufenden Vertrag mit dem Deutschen Handballbund (DHB) nicht verlängern. Die WM im Januar 2017 in Frankreich könnte damit sein letztes Turnier als Bundestrainer sein.
Der für den Leistungssport zuständige DHB-Vizepräsident Bob Hanning kündigte an, dass er noch in diesem Jahr die Zukunft des 43Jährigen klären wolle. »Wir sind in Gesprächen«, sagte Hanning. »Dass Dagur auch wegen des Europameistertitels und der olympischen Bronzemedaille zu den begehrtesten Trainern zählt, ist keine Überraschung«, sagte Hanning und ergänzte: »Wir wissen, was wir an ihm haben – und Dagur weiß, was er am Deutschen Handballbund hat. Weiteres wird sich in den nächsten Wochen entwickeln.«
Nach Informationen des Fachmagazins geht der Verband vom Abgang des Isländers zum 30. Juni 2017 aus. Ursprünglich wollte er mit Sigurdsson bei Olympia 2020 in Tokio die Goldmedaille anpeilen. Der Vertrag war daher dank einer Option auf Verlängerung eigentlich auf die Spiele in knapp vier Jahren ausgelegt. Klar ist aber, dass Sigurdsson in Ländern wie Katar oder bei einem internationalen Spitzenklub deutlich mehr Geld verdienen würde als beim DHB.
Finanzielle Gründe sollen aber nicht den Ausschlag für Sigurdssons Umdenken gegeben haben. Stattdessen spielten persönliche Beweggründe des Familienvaters die Hauptrolle. Sigurdsson hatte 2014 das schwächelnde Team übernommen, unter dem Taktikexperten kehrten die Deutschen in die Weltspitze zurück.
Noch am vergangenen Montag hatte sich Sigurdsson bei einer Pressekonferenz in Berlin nichts anmerken lassen. Angesichts zweier anstehender Qualifikationsspiele zur EM 2018 in Kroatien hatte er gesagt: »Wir wollen Erster in unserer Gruppe werden.« Das abschließende Qualifikationsspiel bestreitet Deutschland am 17. oder 18. Juni 2017 gegen die Schweiz. Es könnte gleichzeitig das Abschiedsspiel des Isländers sein.