Foltervorwürfe gegen US-Militär
Internationaler Strafgerichtshof untersucht Kriegsverbrechen in Afghanistan
Berlin. Haben Angehörige der US-Streitkräfte und der CIA in Afghanistan Kriegsverbrechen begangen, indem sie Gefangene folterten? Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen gibt es schon lange. Es gebe »eine vernünftige Grundlage, dies zu glauben«, formulierte nun die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, Fatou Bensouda, in einem vorläufigen Report. Dort kann man lesen, dass US-Militärs mindestens 61 Häftlinge gefoltert oder brutal behandelt haben sollen; mindestens 27 Gefangene seien von CIA-Agenten gefoltert worden. Die Vorwürfe betreffen meist den Zeitraum zwischen 2003 und 2004, doch beziehen sich einige auch auf die jüngere Vergangenheit bis 2014.
Die CIA hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein Verhörprogramm entwickelt, um Terrorverdächtige zur Herausgabe von Informationen zu zwingen. Dazu gehörten Schlafentzug und das weltweit geächtete »Waterboarding«, simuliertes Ertränken. 2014 kam nach massiven internationalen Vorwürfen auch ein Untersuchungsbericht des US-Senats zu dem Schluss, dass die Methoden sogar noch brutaler waren als zunächst bekannt.
Washington hat bislang einen Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof abgelehnt. Al- lerdings könnte US-Bürgern trotzdem eine Anklage drohen, wenn ihnen Kriegs- und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in einem Vertragsstaat vorgeworfen werden. Afghanistan hat das sogenannte Römische Statut ratifiziert. Nun liegt es an den Haager Ermittlern, ob sie einen Antrag auf eine vollständige Untersuchung der Fälle stellen. Eine Frage, die ab Mittwoch auch die Vollversammlung des Weltstrafgerichts interessieren dürfte – so wie die angekündigten Austritte afrikanischer Mitgliedstaaten, weil vor dem Tribunal bisher ausschließlich Afrikaner angeklagt worden sind.