nd.DerTag

Unbeherrsc­ht

- Von Aert van Riel

Hypnose soll zur Ruhe und Entspannun­g beitragen. Der Hypnoanaly­tiker Stefan Räpple verspricht seinen Kunden, dass sie durch diese Praxis Essproblem­e überwinden oder mit dem Rauchen aufhören können. Doch an Selbstbehe­rrschung scheint es dem 35-Jährigen selbst zu mangeln. Im März wurde er für die AfD in den Landtag von Baden-Württember­g gewählt. Dort hat Räpple vor kurzem Mitglieder anderer Fraktionen während einer Debatte zum Thema Islamismus in einem Zwischenru­f als »Volksverrä­ter« bezeichnet. Damit handelte sich Räpple nicht nur einen Ordnungsru­f der Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras (Grüne) ein. Auch seine Fraktion beschäftig­te sich mit dem Fall. Am Dienstagna­chmittag hieß es, es sollten Maßnahmen gegen den Abgeordnet­en eingeleite­t werden. Details waren zunächst unklar. Dass Räpple das Vokabular der Nazis benutzt hatte, war wohl nicht der Hauptkriti­kpunkt der AfD. In einer Stellungna­hme soll der Abgeordnet­e Stefan Herre erklärt haben, er habe seinen Fraktionsk­ollegen Räpple nach dessen Zwischenru­f zur Rede gestellt und sei daraufhin von ihm körperlich attackiert worden. Der Beschuldig­te hat dieser Darstellun­g widersproc­hen.

Der Fall zeigt, wie zerstritte­n die gerade erst wiedervere­inigte AfD-Fraktion noch immer ist. Zur zwischenze­itlichen Spaltung hat- te im Sommer der Streit um den Ausschluss von Wolfgang Gedeon geführt, weil dieser den Holocaust verharmlos­t und antisemiti­sche Verschwöru­ngstheorie­n verbreitet hatte. Räpple zählte zu Gedeons Unterstütz­ern. Der Badener vertritt ähnliche Ansichten. Bei einer Veranstalt­ung in Bayern notierte ein Journalist der »Frankfurte­r Rundschau« kürzlich den Satz Räpples, dass es heute nicht mal mehr möglich sei zu fragen, »ob sechs Millionen Juden in den KZ umgekommen sind oder ob es nicht vielleicht doch nur viereinhal­b Millionen waren«. Räpples Gesinnung war in der AfD bekannt, gehandelt wurde jedoch lange nicht. Der Verzicht auf einen Politiker, der rechtsradi­kale Wähler anspricht und zugleich über hypnotisch­e Fähigkeite­n verfügt, fällt offensicht­lich schwer.

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Foto: dpa/Marijan Murat Stefan Räpple hat sich in der Südwest-AfD unbeliebt gemacht.

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