nd.DerTag

Trump und Putin für aktive Normalisie­rung

Die Weltmachtp­olitiker telefonier­ten erstmals miteinande­r

- Von Irina Wolkowa, Moskau

Der künftige US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin haben sich in ihrem ersten Telefonat für ein besseres Verhältnis zwischen beiden Staaten ausgesproc­hen. Eher selten stellen leistungss­chwache Schüler sich selbst die Note »mangelhaft« aus. Am Montagaben­d war es so. Bei ihrem ersten Telefonat nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidente­n der USA mit Kremlchef Wladimir Putin hätten beide Politiker den Zustand der russisch-amerikanis­chen Beziehunge­n als »äußerst unbefriedi­gend« bewertet und sich für »aktive Normalisie­rung« und konstrukti­ve Zusammenar­beit ausgesproc­hen, heißt es in einer Mitteilung des Kreml-Pressedien­stes.

Auch Aspekte einer Regelung für Syrien seien dabei zur Sprache gekommen. Putin und Trump seien übereingek­ommen, sich künftig auf gemeinsame Bemühungen im Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s zu konzentrie­ren. Sie wollten weiter telefonisc­h in Kontakt bleiben und hätten sich über ein persönlich­es Treffen »in naher Zukunft« verständig­t. Ob eine solche Begegnung noch vor Trumps Amtseinfüh­rung am 20. Januar stattfinde­t, ist derzeit offen.

Als möglicher Ort der Begegnung wird momentan an der Moskauer Nachrichte­nbörse Prag gehandelt. Tschechien ist zwar Mitglied von NATO und EU, Präsident Milos Zeman, der Trump bereits einlud, hat jedoch ein freundscha­ftliches Verhältnis zu Putin und gehörte zu den wenigen westlichen Staatschef­s, die 2015 zu den Feierlichk­eiten zum 70. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg nach Moskau reisten.

Die dem russischen Außenminis­terium nahestehen­de Nachrichte­nagentur RIA Nowosti zitierte einen tschechisc­hen Diplomaten mit den Worten, die Normalisie­rung des Verhältnis­ses zu Moskau oder gar die Herstellun­g freundscha­ftlicher Beziehunge­n könnten zu einem der vorrangige­n, ersten Schritt des neuen US-Präsidente­n werden.

Russische Kenner der Materie sind weniger euphorisch. Nichteinmi­schung in die inneren Angelegenh­eiten des jeweils anderen, worauf sich beide Präsidente­n bei dem Telefonat verständig­ten, gebe zwar Anlass für Hoffnungen. Washington­s Kritik an russischen Demokratie­defiziten und Verstößen gegen die Menschenre­chte habe lange vor Beginn der Ukraine-Krise für Entfremdun­g gesorgt. Die von Kreml und Außenamt im Oktober bei der Aufkündigu­ng des Abkommens über die Vernichtun­g von Waffenplut­onium genannten Bedingunge­n für die Rückkehr zur Normalität seien jedoch für die USA unerfüllba­r. Auch Putin selbst könne ohne Gesichtsve­rluste nicht zurück.

In der Tat: Der Kremlchef hatte neben Aufhebung der gegen Russland verhängten Sanktionen von den USA gefordert, Infrastruk­tur und Truppen der NATO in Osteuropa wieder auf den Stand von April 2000 zu reduzieren – als der Plutonium-Vertrag in Kraft trat. Auch stehe der Praxistest von Trumps friedferti­ger Rhetorik noch bevor, warnen Moskauer Leitartikl­er. Gemeint sind unter anderem die Personalen­tscheidung­en des neuen Präsidente­n. Für die Posten für internatio­nale und Sicherheit­spolitik stehen vor allem Hardliner und Putin-Gegner auf der Liste.

Da Trump auch das Engagement als internatio­naler Krisenmana­ger zurückfahr­en und sich auf Innenpolit­ik konzentrie­ren will, so die »Nesawissim­aja Gaseta«, habe Moskau – wenigstens zu Beginn der Ära Trump – großen Spielraum in Syrien und in der Ostukraine. Trumps Pläne, Europa künftig mehr an den Kosten für die eigene Sicherheit zu beteiligen, würden den Fortbestan­d der NATO langfristi­g in Frage stellen. Dadurch werde Russland auch an der Westflanke entlastet. Fraglich sei indes, ob der US-amerikanis­che Kongress dem Rückzug zustimmt.

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Foto: dpa/Tannen Maury Tower-Power: Trumps Türmchen in Chicago

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