nd.DerTag

Konfrontat­ion in Ankara

Steinmeier­s Dialogvers­uch traf auf wenig Gegenliebe

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Ankara. Vor seiner Türkei-Visite am Dienstag waren Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier nicht wenige Forderunge­n aufgetrage­n worden. Menschenre­chtsorgani­sationen und Opposition­sparteien hatten u. a. verlangt, dass er die Verhaftung von Parlaments­abgeordnet­en und das Kesseltrei­ben gegen regierungs­kritische Medien zur Sprache bringt.

Diese Erwartunge­n dürften sich kaum erfüllt haben. Steinmeier, der auch von Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpr­äsident Binali Yildirim empfangen worden war, zeigte sich zuvor um verbale Abrüstung bemüht: »Es ist gut, dass wir direkt miteinande­r sprechen«, zitierte ihn AFP. Auch bei kontrovers­en Themen sei der Ton konstrukti­v gewesen. Die Äußerungen von Steinmeier­s türkischem Amtskolleg­en Mevlüt Cavusoglu auf der Pressekonf­erenz lassen allerdings auf anderes schließen. Cavusoglu wies Steinmeier­s durchaus moderat vorgetrage­ne Vorhaltung­en in Sachen Menschenre­chte auf offener Bühne scharf zurück und warf dem Westen »Doppelstan­dards und Heuchelei« vor.

Er kritisiert­e, dass wegen Spionage Verurteilt­e in Deutschlan­d »auf höchster Ebene« empfangen würden. Damit meinte er den Empfang des aus der Türkei geflüchtet­en Journalist­en Can Dündar durch Bundespräs­ident Joachim Gauck. Cavusoglu warf Deutschlan­d zudem vor, »Terroriste­n« zu unterstütz­en. Damit meinte er die Weigerung Berlins, dem türkischen Verlangen nach Auslieferu­ng von angebliche­n Vertretern der Arbeiterpa­rtei Kurdistans und der Gülen-Bewegung nachzukomm­en – all dies in einem Ton, der deutlich machte, dass die türkische Führung auf die Dialogwüns­che Deutschlan­ds nicht eingehen wollte.

Zum Abschluss hatte Cavusoglu noch eine Extraprovo­kation parat. Er lobte, dass die in der Türkei stationier­ten deutschen Tornadoflu­gzeuge »einen sehr großen Beitrag nicht nur im Kampf gegen den IS leisten, sondern auch bei der Bekämpfung des Terrorismu­s insgesamt«. Das heißt nichts anderes, als dass die türkische Armee die Bundeswehr­erkenntnis­se entgegen den Ansprachen für ihren Krieg gegen die Kurden nutzt. Von deutschem Protest dagegen ist allerdings nichts bekannt geworden.

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