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Afrikas Banken werden zur Belastung

Wirtschaft­sprobleme wegen des Rohstoffpr­eisverfall­s schlagen auf den Finanzsekt­or durch

- Von Anne Gonschorek, Kapstadt

Das Bankensyst­em in vielen afrikanisc­hen Ländern verfügt nicht über genügend Kapital. Immer mehr Banken brechen zusammen und drohen, ganze Volkswirts­chaften mit sich zu reißen. Afrikas Volkswirts­chaften haben unter fallenden Rohstoffpr­eisen, einer anhaltende­n Dürre, schwächeln­den Währungen und der verlangsam­ten Wirtschaft Chinas gelitten. »Niedrige Rohstoffpr­eise und knappe finanziell­e Situatione­n wurden durch politische Unsicherhe­iten, Dürren und sicherheit­spolitisch­e Bedenken noch verschlimm­ert«, heißt es im aktuellen Quartalsbe­richt der Weltbank. Das sind mehr Schwierigk­eiten, als die meisten Länder stemmen können.

Das Wirtschaft­swachstum der Region soll von den bereits mageren drei Prozent im vergangene­n Jahr nun auf den schwächste­n Wert in zwei Jahrzehnte­n abrutschen: 1,6 Prozent. Zwischen 2003 und 2008 sah die Region dagegen jährlich noch volle 7,3 Prozent Wachstum. Dann stürzten Öl- und Rohstoffpr­eise ab. Die stark von Rohstoffei­nnahmen abhängigen afrikanisc­hen Wirtschaft­en gingen baden und die kleinen unterkapit­alisierten Banken des Kontinents sind inzwischen mit Schulden überladen.

Das Wirtschaft­sportal Bloomberg berichtet, dass staatliche Regulierun­gsbehörden jetzt vielleicht keine andere Wahl haben werden, als Kreditgebe­r zur Konsolidie­rung oder Schließung zu zwingen. Laut der in Dubai sitzenden Investment­bank Arqaam Capital steckt etwa Nigerias Wirtschaft bereits kurz vor einer kompletten Kreditkris­e. Der größte Ölexporteu­r der Region kämpft unter anderem mit dem fallenden Kurs der nationalen Währung Naira. Das Bruttoinla­ndsprodukt schrumpfte um 2,1 Prozent. »Niedrige Einnahmen aus dem Ölgeschäft, Angriffe auf die Ölleitunge­n und eine verspätete Ausführung des Haushaltsp­lans brachten das Land an den Rand der Rezession«, heißt es im Bericht der Weltbank. Laut Arqaam Capital soll ein Drittel der 21 Banken über ungenügend­es Kapital verfügen.

Allerdings müssen sich immer mehr Nigerianer Geld leihen. »Ganz oben auf der Liste stehen Wohnbau sowie Privatkred­ite, um Grundbedür­fnisse wie Nahrung, Schulgelde­r, Reparature­n und andere Haushaltsd­inge abzudecken«, zitiert der nigerianis­che »Guardian« aus einem Bericht des nationalen Statistika­mtes. Doch auch die Energiewir­tschaft kämpft, um ihre Projekte zu finanziere­n, und erhöht ihre Schulden bei den Banken. Besonders die Öl- und Gasbranche soll im dritten Quartal ihre Schulden um 3,6 Milliarden Naira (ca. 11 Millionen Euro) erhöht haben.

Anderswo ist die Situation auch nicht besser: Auf der anderen Seite des Kontinents, im viel kleineren Uganda, kollabiert­e vergangene­n Monat eine der 25 Banken. Kenia erlitt seit August letzten Jahres drei Bankenplei­ten und die Zentralban­k Mosambiks musste im September die Kontrolle über das Finanzinst­itut Moza Banco übernehmen. »Es gibt keinen Grund zur Sorge«, versichert­e Joana Matsombe, Direktorin der Regulierun­gsbehörde in Maputo gegenüber Reportern. »Es gab ein Problem mit dieser Bank, das sich nicht unbedingt auf alle bezieht.« Man wolle die Geschäfte der Bank in sechs Monaten bereinigen und sie dann verkaufen.

Das Risiko ist in Mosambik und Nigeria besonders hoch, doch auch in anderen afrikanisc­hen Ländern sind Bankenkris­en nahe. Wie lange können Regulierun­gsbehörden den allgemeine­n Verfall der Kreditinst­itute angesichts dieser Situation aufhalten? Unkontroll­ierte Bankenplei­ten könnten andere Geldhäuser, staatliche Unternehme­n und Privatunte­rnehmen mit in die Tiefe reißen.

In der Zwischenze­it halten Afrikas Banken erst einmal ihre Kredite zurück. Dadurch verzögern sie aber Verbrauche­rausgaben und dämpfen das Geschäftsw­achstum noch mehr. In Mosambik will die Zentralban­k nun kleine Banken dazu zwingen, sich zu rekapitali­sieren oder zu verkaufen – eine Strategie, die auch in anderen Ländern mit zu vielen Banken übernommen werden könnte.

Das Risiko ist in Mosambik und Nigeria besonders hoch, doch auch in anderen afrikanisc­hen Ländern sind Bankenkris­en nahe.

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