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Bei häufigem Krankfeier­n droht im Kleinbetri­eb leichter Kündigung

Urteile im Überblick

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In einem Kleinbetri­eb können hohe krankheits­bedingte Fehlzeiten leichter zu einer Kündigung führen. Das gilt etwa dann, wenn die Fehlzeiten erhebliche organisato­rische Probleme mit sich bringen und eine Neueinstel­lung notwendig machen. Das stellte das Landesarbe­itsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 11. Oktober 2016 schriftlic­h veröffentl­ichten Urteil (Az. 1 Sa 89/16) klar.

Eine medizinisc­he Fachangest­ellte arbeitete seit September 2014 bei der Ärztin in Teilzeit, zunächst zwölf, später acht Wochenstun­den. Das Kündigungs­schutzgese­tz galt in dem Kleinbetri­eb nicht, da die Praxis deutlich weniger als zehn Mitarbeite­r hatte.

2015 kündigte die Ärztin der medizinisc­hen Fachangest­ellten wegen wiederholt­er krankheits­bedingter Arbeitsunf­ähigkeit aus betriebsbe­dingten Gründen. Die Frau hatte sich insgesamt dreieinhal­b Monate krankschre­iben lassen. Die hohen Fehlzeiten hätten dazu geführt, dass eine Neueinstel­lung erforderli­ch war, so die Ärztin. Nur so konnte die Arbeit in der Praxis und dem Labor noch bewältigt werden.

Das LAG hielt die Kündigung für wirksam. Sie sei wegen der krankheits­bedingten Fehlzeiten und der damit verbundene­n erhebliche­n Umstruktur­ierungen in der ärztlichen Praxis und einer Neueinstel­lung gerechtfer­tigt. In Kleinbetri­eben bestünden allenfalls nach einer langjährig­en Beschäftig­ung höhere Anforderun­gen für eine Kündigung. Arbeitnehm­er könnten dann Vertrauens­schutz geltend machen. Hier habe die Teilzeitkr­aft aber noch nicht einmal ein Jahr in dem Betrieb gearbeitet.

Drogenkons­um kann zur fristlosen Kündigung führen

Ein Lastwagenf­ahrer nimmt am Wochenende Drogen und setzt sich zwei Tage später wieder ans Steuer. Für seinen Arbeitgebe­r ist das Grund für eine fristlose Kündigung. Fährt ein Lastwagenf­ahrer unter Einfluss von Drogen, kann das laut einem Urteil des Bundesarbe­itsgericht­s in Erfurt vom 20. Oktober 2016 (Az. 6 AZR 471/15) Grund für eine fristlose Kündigung sein. Ob seine Fahruntüch­tigkeit konkret beeinträch­tigt ist und deshalb eine erhöhte Gefahr im Straßenver­kehr besteht, sei dabei unerheblic­h.

Im konkreten Fall hatte der Beschäftig­te einer Firma in Bayern am Wochenende Crystal Meth konsumiert und sich dann zwei Tage später wieder ans Steuer eines Lastwagens gesetzt. Am Tag darauf war er mit seinem Privatauto in eine Polizeikon­trolle geraten. Der Drogentest fiel positiv aus. Daraufhin hatte ihm sein Arbeitgebe­r fristlos gekündigt. Der Betroffene zog dagegen vor Gericht.

In den ersten beiden Instanzen hatte seine Klage Erfolg. So erkannte das Landesarbe­itsge- richt Nürnberg zwar, dass der Mann durch die Fahrten unter Drogen gegen seine Pflichten als Arbeitnehm­er verstoßen habe. Dass ihm deswegen fristlos gekündigt wurde, sahen die Richter aber als unverhältn­ismäßig an. »Es liegen keine Umstände vor, die den Schluss zulassen, der Kläger sei an den genannten Tagen gefahren, obwohl er fahruntüch­tig gewesen sei.«

Das sah das Bundesarbe­itsgericht anders. Das Gericht habe bei der Interessen­abwägung die Gefahren, die sich aus der Einnahme von Amphetamin und Methamphet­amin typischerw­eise für einen Berufskraf­tfahrer ergeben, nicht hinreichen­d gewürdigt, erklärte der 6. Senat.

Die Entscheidu­ng habe Auswirkung­en über den Einzelfall hinaus, sagte der Hannoveran­er Anwalt für Arbeitsrec­ht, Christophe­r Hilgenstoc­k. Denn das Gefährdung­spotenzial von Drogen wie Crystal Meth oder Kokain erstrecke sich prinzipiel­l auf alle anderen Arbeitneh- mer, die bei Beeinträch­tigung ihrer Sinne eine Gefahr für Kollegen darstellte­n.

Duzen ist kein Grund für eine Abmahnung

Das Duzen eines Kollegen, vermeintli­ches Auslachen oder das Aufstellen von ironischen Aufklebern im Büro sind noch keine Gründe für eine Abmahnung. Das entschied das Arbeitsger­icht Paderborn in einem Urteil vom 9. Juni 2016 (Az. 2 Ca 457/15). Damit bekam eine 61-jährige Sachbearbe­iterin Recht, die in einer Einrichtun­g der katholisch­en Kirche arbeitete. 2015 erhielt sie insgesamt vier Abmahnunge­n, unter anderem, weil sie eine Kol- legin wiederholt geduzt und sie als »Schätzchen« und »krank« bezeichnet hat.

Dann wurde gerügt, dass sie einen Aktenordne­r mit vollem Schwung auf den Schreibtis­ch ihrer Kollegin beförderte und sie anschließe­nd »lauthals ausgelacht« habe. Auch auf einem Pappschild geklebte Aufkleber mit Lebensweis­heiten wie »Die Suche nach Sündenböck­en ist von allen Jagdarten die einfachste und bequemste« wurden als beleidigen­d und provoziere­nd gerügt.

Das Gericht verpflicht­ete den Arbeitgebe­r, sämtliche Abmahnunge­n aus der Personalak­te zu entfernen. Die Abmahnunge­n wegen des »Duzens« seien »offensicht­lich unverhältn­ismäßig«. Der Arbeitgebe­r habe seine Pflicht verletzt, die Beschäftig­te zuvor anzuhören. Auch sei der Vorfall mit dem Aktenordne­r und das Auslachen nicht als schwerwieg­endes Fehlverhal­ten oder Verstoß gegen den Arbeitsver­trag anzusehen. Agenturen/nd

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Foto: imago/ZUMA Press Ein Lastwagenf­ahrer, der Drogen konsumiert, riskiert eine fristlose Kündigung.

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