Werbung und Wirklichkeit
Energieberatung: Fernwärme
Fernwärme soll preisgünstig, unkompliziert und umweltschonend sein – sagt die Werbung der Energieversorger. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Steigende Preise und Anbietermonopole machen Fernwärme teuer. Von Birgit Holfert, Energieberaterin der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt (vzsa) Viele Fernwärmekunden klagen bei den Verbraucherzentralen über schnell steigende Preise und fehlende Transparenz bei den Tarifen. Aktuelle Preisübersichten sucht man auf den Internetseiten der Fernwärmeanbieter meist vergeblich. Für die Verbraucher hat Fernwärme damit im Vergleich zu anderen Energieträgern große Nachteile. Neubau: günstiger Anschluss, aber hohe Energiepreise Bauherren, die über einen Fernwärmeanschluss nachdenken, sollten vorher einen sorgfältigen Kostenvergleich aufstellen. Häufig bieten Energieversorger eine höhere Anschlussleistung für Fernwärme an, als für das neue Haus benötigt wird. Wer beispielsweise ein Energiesparhaus baut, zahlt dann für unnötige Leistungen.
Für einen fairen Preisvergleich müssen immer die gesamten Kosten in den Blick genommen werden. Für Fernwärme sind weder ein Schornstein noch ein Lagerraum nötig. Dies verringert die Baukosten. Auch die Installations- und Wartungskosten sind bei Fernwärme niedriger als etwa bei einem Gasbrennwertgerät. Die Energie kostet jedoch in der Regel deutlich mehr. Keine Wechselmöglichkeit für Kunden Die Fernwärmepreise weichen regional sehr stark voneinander ab. Ein klarer Nachteil für Fernwärmekunden ist der fehlende Wettbewerb der Anbieter: Jedes Fernwärmenetz ist ein Monopol, eine Wechselmöglichkeit zu einem andern Versorger besteht nicht. Es gibt aber noch mehr zu beachten. Die spätere Umrüstung auf einen anderen Energieträger ist sowohl technisch als auch baurechtlich aufwendig oder gar unmöglich. Altbau: Vor dem Anschluss den Energieverbrauch senken Auch Besitzer eines Altbaus sollten einen Wechsel zu Fernwärme sorgfältig abwägen. Nach dem Auszug der Kinder oder mit Modernisierungsmaßnahmen am Haus sinkt der Energieverbrauch. Doch nach dem Abschluss eines Fernwärmevertrags hat der Kunde kein Recht auf eine Senkung der Anschlussleistung. Er ist vom guten Willen des Anbieters abhängig.
Wer also auf Fernwärme umsteigen will, sollte versuchen, den Energiebedarf möglichst vor Vertragsabschluss zu verringern – zum Beispiel mit einer energetischen Sanierung. Auf jeden Fall profitieren Hausbesitzer, wenn sie vor dem Anschluss an Fernwärme einen hydraulischen Abgleich der Heizung machen lassen. Dabei stellt der Heizungsfachmann das Heizsystem so ein, dass alle Räume gleichmäßig erwärmt werden und der Energieverbrauch sinkt.
Mit langen Vertragslaufzeiten ohne Sonderkündigungsrecht nehmen Fernwärmeanbieter ihren Kunden die Möglichkeit, bei Preiserhöhungen zu kündigen. Fernwärmeverträge laufen in der Regel zehn Jahre und verlängern sich – bei nicht rechtzeitig erfolgter Kündigung – um weitere fünf Jahre. Heizcheck zur Suche nach Sparmöglichkeiten Viele Heizungsanlagen im Bestand – auch auf Basis von Fernwärme – arbeiten ineffizient und verursachen bereits dadurch unnötig hohe Heizkosten. Hier helfen die Heizchecks der Verbraucherzentrale weiter: Ein unabhängiger Energieberater nimmt das System vor Ort unter die Lupe: Sind die einzelnen Komponenten sinnvoll gewählt und richtig dimensioniert? Arbeiten sie reibungslos zusammen? Passt das System zu den Menschen, die es nutzen?
Der Auftraggeber erhält auf dieser Basis Empfehlungen, wie die Effizienz des bestehenden Heizsystems verbessert werden kann. Der Heizcheck kostet 40 Euro, für einkommensschwache Haushalte mit entsprechendem Nachweis ist er kostenlos. Er ist ein Angebot für alle privaten Verbraucher, die zum Beispiel einen Gas- oder Ölheizkessel, eine Fernwärmestation oder eine Wärmepumpe zu Hause haben.
Die anbieterunabhängige Energieberatung der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt verhilft Interessierten Verbrauchern zu mehr Durchblick bei allen Fragen des effizienten Energieeinsatzes zu Hause. Die Berater informieren anbieterunabhängig und individuell. Für einkommensschwache Haushalte mit entsprechendem Nachweis sind die Beratungsangebote kostenfrei. vzsa/nd Mehr Informationen gibt es auf www.vzsa.de oder unter (0800) 809 802 400 (kostenfrei).