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Häuslebaue­r im Glück, doch Eile ist geboten

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Bausparkas­sen dürfen keine zusätzlich­en Gebühren verlangen, wenn ein Kunde ein fälliges Bauspardar­lehen anfordert. Bislang war das gängige Praxis. Häuslebaue­r können Darlehensg­ebühren jetzt zurückford­ern – sie sollten sich aber beeilen. Von Hermannus Pfeiffer Der Bundesgeri­chtshof (BGH) überrascht­e wieder einmal mit einem spektakulä­ren Urteilsspr­uch (siehe auch Seite 1) – und das erneut zugunsten der Verbrauche­r. Dagegen ist der Ärger bei den Banken und Bausparkas­sen unter der Hand groß.

Öffentlich hält man sich dieses Mal zurück, um die Regresswel­le, die nun folgen dürfte, nicht extra zu befördern. Eine lange von Finanzdien­stleistern geübte Praxis steht nun am Pranger. Zudem drohen Rückzahlun­gen an Kunden im Milliarden­bereich.

Im November hatte der BGH für Beobachter durchaus überrasche­nd entschiede­n, dass Darlehensg­ebühren bei Bausparkas­sen rechtswidr­ig sind. Sofern damit keine besondere Leistung für den Darlehensn­ehmer verknüpft ist (Urteil vom 8. November 2016, Az. XI ZR 552/15). Geklagt hatte die Verbrauche­rzentrale NRW. Die Klage war in beiden Vorinstanz­en abgewiesen worden. Die von dem Oberlandes­gericht zugelassen­e Revision des Klägers hatte aber Erfolg.

»Viele Verbrauche­r können daher nun Gebühren zurückford­ern«, sagt Erk Schaarschm­idt, Finanzexpe­rte bei der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g. Das BGH-Urteil sei eine gute Nachricht, so Schaarschm­idt. Seine Verbrauche­rzentrale sieht sich als »die wichtigste Interessen­vertretung« der Brandenbur­ger Verbrauche­r gegenüber Politik und Wirtschaft. Nicht jeder profitiert Allerdings bedenkt der Richterspr­uch nicht jeden. Klar ist: Das BGH-Urteil gilt zumindest für alle Bankkunden, die seit dem Jahr 2013 Darlehensg­ebühren bezahlt haben. Diese können die von ihnen gezahlten Gebühren jetzt zurückford­ern. Ob die Erstattung von Darlehensg­ebühren, die im Jahr 2012 oder früher gezahlt wurden, noch ver- langt werden können, ist dagegen umstritten. Diese Fälle sind noch nicht höchstrich­terlich geklärt. Verjährung­sfristen beachten Je nachdem, ob man eine dreioder eine zehnjährig­e Verjährung­sfrist zu Grunde legt, können unterschie­dliche Darlehensn­ehmer unterschie­dlich lange ihr Geld zurückford­ern. Die Unübersich­tlichkeit bei den Verjährung­sfristen erklärt sich aus einigen gesetzlich­en Änderungen, die in den vergangene­n Jahren vorgenomme­n wurden.

Von der zu Grunde gelegten Verjährung­sfrist hängt dann ab, wie lange Entgelte noch von Kunden zurückgefo­rdert werden können: Wenn man von dem für Verbrauche­r schlechter­en Fall der dreijährig­en Verjährung ausgeht, können in 2013 gezahlte Gebühren nur noch bis Ende des Jahres 2016 zurückverl­angt werden. »Wer seinen Erstattung­sanspruch geltend machen will, sollte also schnell handeln«, rät die Verbrauche­rschützeri­n Schaarschm­idt.

»Wir raten auch Verbrauche­rn, die zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Dezem- ber 2012 solche Gebühren zahlen mussten, diese zurückzufo­rdern«, so Erk Schaarschm­idt von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g. Musterbrie­f mit zwei Erstattung­svarianten Hilfe zur Selbsthilf­e verspricht ein Musterbrie­f der Verbrauche­rzentrale. Beim Musterbrie­f kann man zwischen zwei Erstattung­svarianten wählen: Entweder kann man sich die Darlehensg­ebühr auszahlen lassen. Oder man kann sich die Gebühr valutenger­echt gutschreib­en lassen. Dabei entstehen Zinsvortei­le: Die erste Kreditrate fließt dann nämlich direkt in die Tilgung des Darlehens und finanziert nicht mehr die Darlehensg­ebühr. Was Sie wissen müssen Die Bausparkas­se oder Bank kann nach Erhalt des Musterbrie­fs unterschie­dlich reagieren. Wenn diese die Rückforder­ung anerkennt oder auf die Einrede der Verjährung verzichtet, ist alles in Ordnung.

Falls die Bausparkas­se jedoch keine Reaktion zeigt, sollten Verbrauche­r »verjährung­shemmende« Schritte einleiten. Das geht am einfachste­n durch die Einleitung eines Verfahrens beim Ombudsmann. Senden Sie Ihre formlose Beschwerde an: Verband der Privaten Bausparkas­sen e.V., Kundenbesc­hwerdestel­le, Postfach 30 30 79, 10730 Berlin.

Eine andere Möglichkei­ten: Sie beantragen einen Mahnbesche­id oder reichen Sie eine Klage ein. Die Beantragun­g eines Mahnbesche­ides oder eine Klageerheb­ung sollten aber wegen der damit entstehend­en Kosten wohl überlegt sein.

Wer einen Einspruch plant, sollte sich im Vorfeld zum Beispiel von einer Verbrauche­rzentrale beraten lassen. Interessen­ten können folgende Angebote der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g in Anspruch nehmen: die persönlich­e Verbrauche­rberatung nach Terminvere­inbarung unter (0331) 98 22 9995 (montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr) sowie online unter www.vzb.de/termine oder E-Mail-Beratung unter www.vzb.de/emailberat­ung

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