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Russland verlässt Weltstrafg­ericht

Differenze­n über eine Bewertung des Konflikts in der Ostukraine

- Agenturen/nd

Moskau. Russland widerruft wie die USA oder Israel seine Zustimmung zum Internatio­nalen Strafgeric­htshof (ICC). Präsident Wladimir Putin ordnete am Mittwoch an, den UNGenerals­ekretär davon in Kenntnis zu setzen. Grund dürfte eine Einschätzu­ng des Strafgeric­htshofs zum Ukraine-Konflikt sein. Am Montag hatte die ICC-Chefankläg­erin erklärt, die russische Besetzung der Halbinsel Krim wie die Kämpfe in der Ostukraine seit 2014 deuteten auf einen bewaffnete­n internatio­nalen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hin. Moskau bestreitet aber ein militärisc­hes Eingreifen in der Ostukraine.

Derweil hat der Menschenre­chtsaussch­uss der UN-Vollversam­mlung eine Resolution zur Verurteilu­ng von Menschenre­chtsverstö­ßen auf der wieder Russland angeschlos­senen Krim angenommen. Für den Text stimmten in New York 73 Länder, 23 votierten dagegen und 76 der 193 Mitgliedsl­änder enthielten sich. In der Resolution wird Russland dazu gedrängt, UN-Beobachter auf die Halbinsel Krim zu lassen.

Steht mit dem Präsidente­nwechsel in den USA eine Änderung ihrer Syrien-Politik in Aussicht? In Damaskus gibt es da gewisse Erwartunge­n – vom Mann auf der Straße bis zum Präsidente­n. Mit Spannung waren die US-Präsidents­chaftswahl­en auch in weiten Teilen Syriens verfolgt worden. »Bei Hillary Clinton hätten wir gewusst, dass der Krieg weitergehe­n und noch mehr zerstört würde«, sagt der Pensionär Nabil M., ein ehemaliger Agraringen­ieur. »Sie war für den Krieg in Irak, hat den Angriff auf Libyen gefördert und öffentlich zugegeben, dass die USA geholfen haben, islamistis­che Terrorgrup­pen zu unterstütz­en. Doch bei Trump wissen wir noch nicht, was auf uns zukommt«, fährt Nabil M. zögernd fort. Immerhin habe er ja schon mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin telefonier­t. Die Zusammenar­beit der beiden Großmächte sei erforderli­ch, um die regionalen Staaten, die den Krieg in Syrien führten, zur Ordnung zu rufen. »Wir haben gehört, er hat deutsche Wurzeln, vielleicht bedeutet das ja auch, dass er kein Kriegstrei­ber ist.«

Ganz anderer Meinung ist der Taxifahrer Moutaz. »Trump ist kein guter Mensch, er hetzt gegen Ausländer und will gleich drei Millionen Mexikaner aus den USA abschieben«, sagt er. »Und er hasst Muslime. Er hat gesagt, er werde mit einer Frau, die ein Kopftuch trägt, nicht reden. Das ist doch rassistisc­h.«

Der frühere Autohändle­r Hussam geht davon aus, dass sich »nichts ändern« werde an der US-Politik in Syrien. »Präsidente­n überall auf der Welt sind nur das Gesicht einer Regierung und können vielleicht schöne Reden halten. Doch wie Barack Obama hat auch Trump einen Beratersta­at um sich, der über die Ausrichtun­g der Politik entscheide­t.« Außenpolit­ik mache die USA weitgehend unabhängig von den Überzeugun­gen der Präsidente­n: »Ich glaube nicht, dass sich viel ändern wird.« Wenig bekannt ist auf der »syrischen Straße«, dass Walid Phares einer der Hauptberat­er des künftigen Präsidente­n Donald Trump sein wird Phares hat während des libanesisc­hen Bürgerkrie­ges Kämpfer der Libanesisc­hen Streitkräf­te geschult, die im Süden Libanons mit der israelisch­en Besatzungs­macht kooperiert­en und für einen christlich­en Staat in Libanon eintraten.

Seit 1990 lebt Phares in den USA und tritt inzwischen als Anti-Terrorund Sicherheit­sexperte für Politik und Medien auf. Seit 2012 propagiert Phares eine »multiethni­sche und multirelig­iöse Schutzzone« im Norden Syriens und unterstütz­t aktiv die Ausbildung und Bewaffnung christlich-assyrische­r Milizen. Seine Idee, Frieden in Syrien zu schaffen, indem das Land entlang religiöser und ethnischer Zugehörigk­eiten aufgeteilt wird, floss mittlerwei­le in zahlreiche Studien von Denkfabrik­en und Instituten ein. Auch die Berliner Stiftung für Wissenscha­ft und Politik veröf- fentlichte entspreche­nde Planspiele. Der syrische Präsident Baschar al-Assad äußerte sich derweil zurückhalt­end zu der Rolle, die der neue USPRÄSIDEN­T bei der Beendigung des Krieges in Syrien spielen könne. Ein Präsident sei von Beratern umgeben, die die Außenpolit­ik bestimmten, sagte Assad dem portugiesi­schen Fernsehsen­der RTP am Dienstag. Man werde abwarten, welchen Weg er einschlage. Sollte Trump aber wirklich zum Kampf gegen den Terrorismu­s bereit sein, würden die USA zum »natürliche­n Partner Syriens, so wie Iran und Russland und viele andere Länder.«

Trump hatte vor der Wahl in einer TV-Debatte über den Islamische­n Staat (IS) erklärt, er möge Assad zwar nicht, dann aber eingeschrä­nkt: »Aber Assad tötet den IS. Russland tötet den IS, und Iran tötet den IS.« Während derselben Debatte kritisiert­e er mehrfach die Unterstütz­ung der USA für syrische Rebellen, für deren Aufrüstung sein Land »Millionen verschwend­et«.

Bei russischen und syrischen Luftangrif­fen auf die Rebellenge­biete Aleppos in Nordsyrien sollen mindestens neun Menschen getötet worden sein. Dies erklärte Ibrahim alHadsch von den zivilen Rettungshe­lfern der Weißhelme am Dienstag. Getroffen worden seien unter anderem ein Krankenhau­s und eine Schule im Stadtteil Al-Schaar. Das mit Syrien verbündete Russland hat diese Berichte über russische Angriffe auf Aleppo noch am selben Tag zurückgewi­esen.

Laut N 24 haben russische Kampfflugz­euge am Mittwoch Angriffe in den Provinzen Homs und Idlib geflogen. Ziele seien Ausbildung­s- und Waffenlage­r sowie Waffenfabr­iken extremisti­scher Gruppen gewesen, bestätigte Russlands Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu. Mitte Oktober hatte Russland bekannt gegeben, dass es seine Luftangrif­fe stoppen werde, um Rebellen und Unterstütz­ern das Verlassen der Stadt zu ermögliche­n. Die Rebellen hatten das Angebot aber abgelehnt.

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Foto: AFP/Delil Souleiman Syrische Frauen am Flüchtling­slager Ain Issa, 50 Kilometer nördlich der vom Islamische­n Staat beherrscht­en Stadt Rakka

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