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Investitio­nen satt

Um Punkt 10 Uhr am Donnerstag veröffentl­ichten SPD, LINKE und Grüne ihren Koalitions­vertrag. Das »nd« beleuchtet das Vertragswe­rk, das von den Parteien und der LINKEN-Basis vor der Regierungs­bildung noch beschlosse­n werden muss. Und fasst Reaktionen zusam

- Von Nicolas Šustr

Die Schuldenti­lgung soll nach dem Willen der Koalitions­partner auf das Nötigste reduziert werden. Kredite für Investitio­nen sind nicht mehr tabu. Hunderte Millionen Euro jährlich sollen künftig zusätzlich für Investitio­nen zur Verfügung stehen. »Alles ohne Steuererhö­hungen«, versichert­e die designiert­e Wirtschaft­ssenatorin Ramona Pop (Grüne). Die vorgesehen­e Erhöhung der Zweitwohns­itzsteuer soll nach ihren Worten »lediglich eine lenkende Wirkung« entfalten. Und zwar, indem mehr Menschen ihren Erstwohnsi­tz in der Hauptstadt anmelden und so unter anderem durch den Länderfina­nzausgleic­h mehr Geld in die Landeskass­en gespült wird.

»Auch aus den derzeit existieren­den Spielräume­n sollen Investitio­nen getätigt werden«, sagt LINKEN-Landeschef Klaus Lederer. Das soll die Neuregelun­g des Umgangs mit Haushaltsü­berschüsse­n ermögliche­n. Bisher floss die Hälfte in die Schuldenti­lgung, der Rest ging in das »Sonderverm­ögen Infrastruk­tur der Wachsenden Stadt« (SIWA), um schließlic­h investiert zu werden. Künftig sollen nur noch 80 Millionen Euro Schulden jährlich getilgt werden – die Mindestsum­me nach den Regelungen des Stabilität­srats. Noch 2016 sollen im SIWA rund 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Je 50 Millionen Euro für die Sanierung von Polizei- und Feuerwehrg­ebäuden sowie für die Einführung der elektronis­chen Akte. Um jeweils 100 Millionen Euro soll das Eigenkapit­al der landeseige­nen Wohnungsun­ternehmen sowie des Stadtwerks erhöht werden. Weitere 100 Millionen Euro sind für neue Schulplätz­e reserviert. Dieser Verhandlun­gspunkt war unter den Koalitions­partnern unstrittig.

Ein Nachtragsh­aushalt für 2017 soll zusätzlich 270 Millionen Euro bereitstel­len. Der größte Brocken geht mit 100 Millionen Euro in die Schulsanie­rung, 50 Millionen Euro sind für mehr Personal in den Bezirken vorgesehen. Daneben fließt mehr Geld für die Beamtenbes­oldung, die Wohnungsba­uförderung, den Kitaausbau und Radwege.

Man werde »auch alternativ­e Finanzieru­ngsmöglich­keiten« zum Abbau des Investitio­nsstaus« nutzen, heißt es weiter im Koalitions­vertrag. Zu deutsch: Es sollen Kredite aufgenomme­n werden. Zum Beispiel für die Schulsanie­rung. »Vor allem die Grünen waren eher skeptisch«, sagt Steffen Zillich, der für die LINKE die Finanzfrag­en federführe­nd mitverhand­elt hat. Die Linksparte­i forderte das bereits in ihrem Wahlprogra­mm, die SPD war in der Frage gespalten.

Tatsächlic­h gibt es so ein Modell bereits mit der Fahrzeugfi­nanzierung­sgesellsch­aft der Berliner Verkehrsbe­triebe (BVG) für neue U- und Straßenbah­nen. Unter bestimmten Bedingunge­n werden diese Kredite vom Europäisch­en Statistika­mt Eurostat nicht den Staatsschu­lden zugerechne­t. »Im Moment werden auf Initiative von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Regelungen verschärft«, sagt Zillich. »Ich bin aber überzeugt, dass wir eine konforme Lösung finden.« Klaus Lederer verspricht: »Rot-Rot-Grün betreibt eine verantwort­ungsvolle Haushaltsp­olitik.«

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Foto: nd/Ulli Winkler Haben Lust auf's Regieren: Klaus Lederer, Michael Müller und Ramona Pop (v.l.n.r.) bei der Vorstellun­g der rot-rot-grünen Verhandlun­gsergebnis­se im Roten Rathaus
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