Investitionen satt
Um Punkt 10 Uhr am Donnerstag veröffentlichten SPD, LINKE und Grüne ihren Koalitionsvertrag. Das »nd« beleuchtet das Vertragswerk, das von den Parteien und der LINKEN-Basis vor der Regierungsbildung noch beschlossen werden muss. Und fasst Reaktionen zusam
Die Schuldentilgung soll nach dem Willen der Koalitionspartner auf das Nötigste reduziert werden. Kredite für Investitionen sind nicht mehr tabu. Hunderte Millionen Euro jährlich sollen künftig zusätzlich für Investitionen zur Verfügung stehen. »Alles ohne Steuererhöhungen«, versicherte die designierte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Die vorgesehene Erhöhung der Zweitwohnsitzsteuer soll nach ihren Worten »lediglich eine lenkende Wirkung« entfalten. Und zwar, indem mehr Menschen ihren Erstwohnsitz in der Hauptstadt anmelden und so unter anderem durch den Länderfinanzausgleich mehr Geld in die Landeskassen gespült wird.
»Auch aus den derzeit existierenden Spielräumen sollen Investitionen getätigt werden«, sagt LINKEN-Landeschef Klaus Lederer. Das soll die Neuregelung des Umgangs mit Haushaltsüberschüssen ermöglichen. Bisher floss die Hälfte in die Schuldentilgung, der Rest ging in das »Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt« (SIWA), um schließlich investiert zu werden. Künftig sollen nur noch 80 Millionen Euro Schulden jährlich getilgt werden – die Mindestsumme nach den Regelungen des Stabilitätsrats. Noch 2016 sollen im SIWA rund 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Je 50 Millionen Euro für die Sanierung von Polizei- und Feuerwehrgebäuden sowie für die Einführung der elektronischen Akte. Um jeweils 100 Millionen Euro soll das Eigenkapital der landeseigenen Wohnungsunternehmen sowie des Stadtwerks erhöht werden. Weitere 100 Millionen Euro sind für neue Schulplätze reserviert. Dieser Verhandlungspunkt war unter den Koalitionspartnern unstrittig.
Ein Nachtragshaushalt für 2017 soll zusätzlich 270 Millionen Euro bereitstellen. Der größte Brocken geht mit 100 Millionen Euro in die Schulsanierung, 50 Millionen Euro sind für mehr Personal in den Bezirken vorgesehen. Daneben fließt mehr Geld für die Beamtenbesoldung, die Wohnungsbauförderung, den Kitaausbau und Radwege.
Man werde »auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten« zum Abbau des Investitionsstaus« nutzen, heißt es weiter im Koalitionsvertrag. Zu deutsch: Es sollen Kredite aufgenommen werden. Zum Beispiel für die Schulsanierung. »Vor allem die Grünen waren eher skeptisch«, sagt Steffen Zillich, der für die LINKE die Finanzfragen federführend mitverhandelt hat. Die Linkspartei forderte das bereits in ihrem Wahlprogramm, die SPD war in der Frage gespalten.
Tatsächlich gibt es so ein Modell bereits mit der Fahrzeugfinanzierungsgesellschaft der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für neue U- und Straßenbahnen. Unter bestimmten Bedingungen werden diese Kredite vom Europäischen Statistikamt Eurostat nicht den Staatsschulden zugerechnet. »Im Moment werden auf Initiative von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Regelungen verschärft«, sagt Zillich. »Ich bin aber überzeugt, dass wir eine konforme Lösung finden.« Klaus Lederer verspricht: »Rot-Rot-Grün betreibt eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik.«