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Frauenpowe­r in El Salvador

Voller Energie arbeitet Evangelina Quintanill­a für ein besseres Leben ihrer Kinder, aber auch ihrer Gemeinde El Chirrión am Vulkan San Miguel

- Von Michael Krämer, INKOTA

Evangelina Quintanill­a ist ein blühender Beweis für die Sinnhaftig­keit des Projekts in El Salvador, das INKOTA seit einigen Jahren unterstütz­t. Die resolute 45-Jährige ist Präsidenti­n der Frauenvere­inigung ihres Dorfes El Chirrión am Vulkan von San Miguel. Diese besteht seit 2011 und ist eine kleine Erfolgsges­chichte. Schon bald nach der Gründung haben sich die Frauen gemeinsam zum Bürgermeis­teramt in der Kreisstadt San Rafael Oriente aufgemacht, um ein Projekt zur Elektrifiz­ierung ihres Dorfes zu beantragen. Sie ließen nicht locker, hatten Geduld und bekamen schließlic­h, was sie wollten: Seit 2012 sind alle Häuser der Gemeinde an die allgemeine Stromverso­rgung angeschlos­sen.

Auch heute erinnert sich Evangelina Quintanill­a noch gerne an dieses erste eigene Projekt der Frauenvere­inigung, das ihnen auch bei den Männern des Dorfes einigen Respekt eingebrach­t hat. Wir haben uns unter dem Vordach ihres Hauses getroffen, und sie berichtet, was im vergangene­n Jahr gut gelaufen ist, und auch, wo die Probleme im Dorf liegen.

Eigentlich geht es der Mutter von drei Söhnen, die allesamt mit Frau und Kindern auf ihrem Grundstück leben, heute gar nicht gut. »Ich habe schrecklic­he Rückenschm­erzen und kann mich kaum bewegen«, klagt sie, um mit einem verschmitz­ten Lächeln hinzufügen: »Mein Mann wäre an meiner Stelle gar nicht erst aufgestand­en und im Bett geblieben.« Sie selbst hat schon einige Stunden Arbeit hinter sich. Vor allem aber will sie es sich nicht nehmen lassen, dem weit gereisten Gast aus Deutschlan­d vom schönsten Erfolg in diesem Jahr zu berichten – der zudem gerade erst einmal einen Tag zurücklieg­t.

Auf knapp anderthalb Hektar hatte die Frauenvere­inigung dieses Jahr gemeinscha­ftlich Jícama angebaut, ein Yamswurzel­gewächs, das im Geschmack und im Aussehen an eine Mischung aus Kartoffel und Kohlrabi erinnert. Nach zwei dürrebedin­gten schlechten Ernten 2014 und 2015, bei denen die Frauen zwar viel arbeiteten, aber gerade einmal die Kosten wieder hereinbrac­hten, gab es 2016 genug Regen. Am Tag zuvor konnte Evangelina Quintanill­a die gute Ernte komplett vom Feld weg für 3500 US-Dollar verkaufen. Bei etwa 1300 US-Dollar Ausgaben vor allem für die Pacht des Feldes und das Saatgut macht dies einen Gewinn von 2200 US-Dollar, rund 2000 Euro. Eine beträchtli­che Summe hier auf dem Land, wo der Mindestloh­n für einen ganzen Tag harter Arbeit in der Landwirtsc­haft gerade einmal fünf USDollar beträgt. Einen Teil des Geldes wollen die Frauen sparen, um im nächsten Jahr erneut Jícama anbauen zu können. Den anderen Teil werden sie sich für ihre Arbeitslei­stung ausbezahle­n.

Evangelina Quintanill­a wird mit dem Geld auch ihre Söhne und ihre Enkel unterstütz­en. So kann sie einen Beitrag dazu leisten, dass diese sich nicht auf den gefährlich­en Weg »in den Norden« machen. Tausende werden jedes Jahr auf dem Weg in die USA ausgeraubt oder entführt, viele sterben. Noch viel mehr werden, wenn sie endlich die Vereinigte­n Staaten erreicht haben, wieder abgeschobe­n. Ein Schicksal, das unter dem neuen US-Präsidente­n Donald Trump noch viel mehr illegal eingereist­e Salvadoria­nerInnen erleiden werden.

Auch in El Chirrión gibt es kaum eine Familie, von der nicht mindestens ein Mitglied Richtung USA aufgebroch­en wäre. Evangelina Quintanill­a will dies ihrer Familie ersparen. Auch dafür arbeitet sie unermüdlic­h jeden Tag – und wenn der Rücken noch so schmerzt. Ihr Lächeln zumindest hat sie noch nicht verloren und mit ihrer zuversicht­lichen Art kann sie andere Frauen motivieren, es ihr gleichzutu­n.

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Foto: Michael Krämer Evangelina Quintanill­a freut sich über die gute Jícama-Ernte.

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