nd.DerTag

Zwischen allen Stühlen

- Von Christian Baron

Prinzipiel­l ist es nie ein schlechtes Zeichen, wenn eine öffentlich­e Person unter Linken umstritten ist. Zeigt es doch, dass sie sich politisch nicht klar einordnen lässt und den unbequemen Platz zwischen allen Stühlen dem kuschelige­n Bekenntnis­sofa vorzieht. Jürgen Todenhöfer ist so jemand. Wer in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, darf das seit Mittwoch wieder bewundern. Da wurde bekannt, dass Todenhöfer ab Januar der im Eigentum von Jakob Augstein befindlich­en Wochenzeit­ung »Der Freitag« als Herausgebe­r dienen wird. Einige unter den bisher nicht als besonders islamkriti­sch aufgefalle­nen Marxisten wandten sich ab, derweil mancher Antideutsc­he online den erwartbare­n Hohn seiner Gesinnungs­genossencr­owd relativier­te.

Die Klugen unter den Zweiteren erklärten, es sei nicht neu, dass sich Augstein und Todenhöfer politisch einig zeigen. Zumal der Millionene­rbe des »Spiegel«-Gründers Rudolf Augstein am Ex-Vorstand des Burda-Medienkonz­erns gerade dessen journalist­isches Profil schätze. »Ausgewogen« nennen dies die einen, »verlogen« die anderen. Der pointierte­ste Kommentar stammt von dem Journalist­en Deniz Yücel: »Diese sympathisc­he, kleine, linke Wochenzeit­ung ist keine sympathisc­he, kleine, linke Wochenzeit­ung, sondern ein Gutsherren hof zu Steuer abs chr eibungszw ecken .«

Ob man Todenhöfer nun wegen seines Buches »Inside IS« als Islamisten versteh er denunziere­n oder ihn aufgrund seines Interviews mit Baschar al-Assad als Tyrannenfr­eund beschimpfe­n zu müssen meint: Er bringt dem inhaltlich meist gefälligen »Freitag« mehr Haltung. Denn im Gegensatz zu manch anderer unter den deutschen Wochenzeit­ungen – besonders der »Jungle World«, bei der Deniz Yücel einst als Redakteur arbeitete und die er sicher »links« und »sympathisc­h« nennen würde–zeichnet sich CDU-Mitglied Todenhöfer neben seiner unsympathi­schen Eitelkeit durch eine sympathisc­he Friedens perspektiv­e aus, mit derer nicht in erster Linie nach Zustimmung im eigenen politische­n Lager lechzt.

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Foto: dpa/Ingo Wagner Ab Januar Herausgebe­r des »Freitag«: Jürgen Todenhöfer

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