Zwischen allen Stühlen
Prinzipiell ist es nie ein schlechtes Zeichen, wenn eine öffentliche Person unter Linken umstritten ist. Zeigt es doch, dass sie sich politisch nicht klar einordnen lässt und den unbequemen Platz zwischen allen Stühlen dem kuscheligen Bekenntnissofa vorzieht. Jürgen Todenhöfer ist so jemand. Wer in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, darf das seit Mittwoch wieder bewundern. Da wurde bekannt, dass Todenhöfer ab Januar der im Eigentum von Jakob Augstein befindlichen Wochenzeitung »Der Freitag« als Herausgeber dienen wird. Einige unter den bisher nicht als besonders islamkritisch aufgefallenen Marxisten wandten sich ab, derweil mancher Antideutsche online den erwartbaren Hohn seiner Gesinnungsgenossencrowd relativierte.
Die Klugen unter den Zweiteren erklärten, es sei nicht neu, dass sich Augstein und Todenhöfer politisch einig zeigen. Zumal der Millionenerbe des »Spiegel«-Gründers Rudolf Augstein am Ex-Vorstand des Burda-Medienkonzerns gerade dessen journalistisches Profil schätze. »Ausgewogen« nennen dies die einen, »verlogen« die anderen. Der pointierteste Kommentar stammt von dem Journalisten Deniz Yücel: »Diese sympathische, kleine, linke Wochenzeitung ist keine sympathische, kleine, linke Wochenzeitung, sondern ein Gutsherren hof zu Steuer abs chr eibungszw ecken .«
Ob man Todenhöfer nun wegen seines Buches »Inside IS« als Islamisten versteh er denunzieren oder ihn aufgrund seines Interviews mit Baschar al-Assad als Tyrannenfreund beschimpfen zu müssen meint: Er bringt dem inhaltlich meist gefälligen »Freitag« mehr Haltung. Denn im Gegensatz zu manch anderer unter den deutschen Wochenzeitungen – besonders der »Jungle World«, bei der Deniz Yücel einst als Redakteur arbeitete und die er sicher »links« und »sympathisch« nennen würde–zeichnet sich CDU-Mitglied Todenhöfer neben seiner unsympathischen Eitelkeit durch eine sympathische Friedens perspektive aus, mit derer nicht in erster Linie nach Zustimmung im eigenen politischen Lager lechzt.