nd.DerTag

Noch ein Zeichen

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Jürgen Amendt über die Ablösung der Leiterin des Polnischen Kulturinst­ituts

Ab wann kann man, darf man, soll man davon sprechen, dass eine demokratis­ch gewählte Regierung eines Landes die Staatsform Demokratie durch ein autoritäre­s, antidemokr­atisches System ersetzt hat? Die Antwort ist schwierig, denn wir können zwar eine Entwicklun­g von ihrem Ende betrachten und darüber ein sicheres Urteil sprechen, nicht aber, wenn wir als Zeitgenoss­en diesem Prozess beiwohnen. Aber wir können die Zeichen erkennen, die auf eine Entwicklun­g hin zu einer Diktatur deuten. Und wir können diese Zeichen zu deuten versuchen. Vor wenigen Tagen wurde die Leiterin des Polnischen Instituts in Berlin, Katarzyna Wielga-Skolimowsk­a, fristlos abberufen. Zuvor hatte die von der national-konservati­ven Partei PIS geführte Regierung die Arbeit Wielga-Skolimowsk­as scharf angegriffe­n und ihr u.a. vorgeworfe­n, »nihilistis­che und hedonistis­che Trends nachzuahme­n« und es mit »polnisch-jüdischen Themen zu übertreibe­n«.

Das Polnische Institut in Berlin ist nicht das erste, dass in die Schusslini­e der polnischen Regierung geraten ist. Von 24 Leitern polnischer Auslandsin­stitute wurden in den vergangene­n Monaten 13 entlassen. Die Vorwürfe ähnelten sich: Die Institute würden sich zu sehr um »liberale« Themen kümmern und seien zu »unpatrioti­sch«. Wie gesagt, die Anzeichen für das Ende der polnischen Demokratie mehren sich.

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