Vertrauen ist schlecht, Klage war besser
Keine landesweite Lösung für die Rückzahlung rechtsunwirksamer Beiträge an die Altanschließer
Nur Altanschließer, die sich gegen Beitragsbescheide wehrten, bekommen definitiv ihr Geld zurück. Der Innenausschuss beschloss am Donnerstag nichts anderes. Die Grundstückseigentümer, die nicht gegen ihre Beitragsbescheide geklagt oder wenigstens Widerspruch eingelegt haben, »bleiben bei SPD und LINKE die Dummen«, schimpft der Abgeordnete Sven Petke (CDU). Im Innenausschuss des Landtags habe die rot-rote Koalition am Donnerstag einen Antrag der CDU abgelehnt, der auf die »gerechte Behandlung« aller Altanschließer abgezielt habe – also auf die Rückzahlung sämtlicher nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts rechtswidrig erhobener Beiträge für die Kanalisation.
»Noch nie hat das Land über so viel Geld verfügt wie heute«, argumentiert Petke. »Warum SPD und LINKE vor diesem Hintergrund nicht bereit sind, alle rechtswidrigen Bescheide gleich zu behandeln, bleibt für uns unbegreiflich.«
Dagegen betont der SPD-Abgeordnete Daniel Kurth: »Wir wissen, dass die derzeitige Situation viele Betroffene belastet. Deshalb wollen wir eine schnelle Rückzahlung ermöglichen und Rechtsfrieden schaffen.« Dazu werde man allen Kommunen und Verbänden mit insgesamt etwa 250 Millionen Euro helfen, und dies unabhängig davon, »ob vor Ort entschieden wird, dass auch bestandskräftige Bescheide zurückgenommen werden«. Das bedeute Gleichbehandlung und stärke die kommunale Selbstverwaltung, findet Kurth. Die Kommunen müssten selbst abwägen, ob eine komplette Rückzahlung an sämtliche Grundstückseigentümer »nicht zu neuen großen Härten für alle Gebührenzahler führt«.
Von den 250 Millionen Euro sind allein 200 Millionen lediglich für zinslose Darlehn des Landes vorgesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wirtschaftlich gesunde Zweckverbände keine Probleme haben, Kredite zu den derzeit sehr niedrigen Zinsen zu bekommen. Die Schwierigkeit besteht vielmehr darin, die gewährte Summe hinterher abzustottern, was nur durch eine Erhöhung der Gebühren zu machen sein wird und damit alle Bürger treffen würde, auch Mieter, auch Menschen mit geringen Einkommen. Für arme Kommunen und Verbände sind Landeszuschüsse in Höhe von 20 Millionen Euro vorgesehen. Als Beteiligung an den Verwaltungskosten für die Beitragsrückzahlung sind zehn Millionen Euro eingeplant, und neun Millionen als Anteil an den Zinsen, die bei Rückzahlung des einst eingestrichenen Geldes überwiesen werden müssen. Weitere zehn Millionen Euro sind für Investitionen gedacht.
»Das Darlehensprogramm ist für alle Verbände zugänglich, aber nur für die rechtsunwirksamen Bescheide gedacht«, erläutert Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE). Die Verbände dürfen auch andere Bescheide aufheben, müssten dies dann aber selbst finanzieren. Für die verfahrene Situation sorgten 2009 die SPD und die CDU. Die LINKE wollte das nicht.
Die Stadt Cottbus etwa wolle die Beitragsrückzahlung zu großen Teilen mit Hilfe von kommunalen Unternehmen finanzieren, so dass der städtische Haushalt in wesentlichen Teilen nicht betroffen sei, sagt Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss. Die Abgeordnete Ursula Nonnemacher (Grüne) hat zuvor gefragt, ob Cottbus sich nun für die Rückzahlung weiter verschulde, während Eisenhüttenstadt wegen knapper Kassen einen deutlich restriktiveren Umgang mit Rückzahlungen plane.
Der Abgeordnete Péter Vida (Freie Wähler) rechnet vor, dass allen betroffenen Alt- wie Neuanschließern im Land Brandenburg zusammen eigentlich etwa rund 800 Millionen Euro zustehen. Andere Schätzungen gehen von 600 Millionen Euro aus.