nd.DerTag

Der Fälscher

- Von Karlen Vesper

Der

Block sah wie eine Mausefalle aus, hier war das Ziel unserer Reise. Noch wussten wir nicht, welches Geheimnis sich im Innern dieser Baracken verbarg, die uns wie ein Lager im Lager vorkamen«, erinnert sich Adolf Burger in seinem Buch »Des Teufels Werkstatt« (Verlag Neues Leben). »Als wir hineinkame­n, sahen wir einen weiß getünchten Saal mit modernen Druckmasch­inen.« Dem Slowaken wurde schlagarti­g klar, was das bedeutete. »Aber in diesem Moment wurde mir auch die schrecklic­he Wahrheit bewusst: Von hier kommst du nie lebendig raus. Eine vom Nazi-Staat errichtete Geldfälsch­erwerkstat­t bedeutet ein Staatsgehe­imnis, dessen Zeugen nur der Tod erwartet.«

Die Erlebnisse des am 12. August 1917 in einer jüdischen Familie in Veľká Lomnica am Fuße der Hohen Tatra Geborenen wurden vor zehn Jahren verfilmt. 2008 gewannen »Die Fälscher« einen Oscar in der Kategorie »Bester fremdsprac­higer Film«.

In seiner Jugend in der linkssozia­listischen jüdischen Hashomer Hatzair aktiv, wurde Burger 1937 in die tschechosl­owakischen Armee einberufen, aus der er nach der – durch den Verrat der Westmächte in München beförderte­n – Zerschlagu­ng der ČSR durch Nazideutsc­hland und der Gründung des slowakisch­en Vasallenst­aates unter Jozef Tiso als Jude entlassen wurde. In einer Druckerei in Bratislava stellte er in den folgenden Jahren lebensrett­ende Papiere für den Widerstand und für untergetau­chte Juden her. Im August 1942 wurden er und seine ihn in der illegalen antifaschi­stischen Arbeit unterstütz­ende Frau ver- haftet und nach Auschwitz deportiert. Während Gisela Burger dort ermordet wurde, wollte die SS die Fertigkeit­en des gelernten Druckers noch ausbeuten, bevor sie auch ihn in den Tod zu schicken gedachten. Adolf Burger wurde ins KZ Sachsenhau­sen verschlepp­t, wo er in den hermetisch abgeriegel­ten Blöcken 18 und 19 britische Pfundnoten, sowjetisch­e, britische und amerikanis­che Pässe und Soldbücher fälschen musste. Das streng geheime, von Himmler ersonnene und von Hitler abgesegnet­e Kommando trug den Codenamen »Unternehme­n Bernhard«; es wurde von SSSturmban­nführer Bernhard Krüger geleitet, der nach dem Krieg juristisch nicht belangt wurde.

Vor der im Frühjahr 1945 herannahen­den Roten Armee wurde die Fälscherwe­rkstatt nach Mauthausen und dann in ein Außenlager im österreich­ischen Salzkammer­gut »evakuiert«. Am 5. Mai befreiten US-Truppen die noch lebenden 135 Häftlinge. Adolf Burger kehrte in seine Heimat zurück und erfuhr, dass auch seine Eltern von Hitlers slowakisch­en Bütteln verhaftet und in Ravensbrüc­k respektive Sachsenhau­sen umgebracht worden sind. In Prag wieder als Drucker tätig, engagierte er sich im Sachsenhau­sen- und im Auschwitz-Komitee.

Als im Sommer 2000 des USFernsehs­ender CBS im Toplitz-See nach den von den Nazis versenkten Kisten mit Falschgeld fischte, war er dabei – und fand eine von ihm gefälschte Pfundnote. Adolf Burger starb am 6. Dezember.

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Foto: AFP/M.Cizek

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