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Kleidungsf­irma Zara nutzt jede Steuermode

- Von Kay Wagner, Brüssel

EU-Grüne stellen Zara bloß – der spanische Bekleidung­skonzern sparte in ganz Europa hunderte von Steuermill­ionen durch Ausnutzung von Schlupflöc­hern. Nach Ikea und BASF nun die Modekette Zara – oder besser gesagt Inditex. So heißt das spanische Mutterunte­rnehmen, das neben der wohl bekanntest­en Marke Zara noch rund ein Dutzend weitere Bekleidung­sketten weltweit betreibt. 585 Millionen Euro soll Inditex allein in den Jahren 2011 bis 2014 durch Steuertric­ks gespart haben. Zu diesem Ergebnis kommt der mittlerwei­le dritte Steuerverm­eidungsber­icht der GrünenFrak­tion im Europaparl­ament.

»Es handelt sich dabei um Steuerumge­hung, aber nicht um Betrug«, betonte der spanische Europaabge­ordnete Ernest Urtasan bei der Vorstellun­g der Ergebnisse am Donnerstag in Brüssel. Hierin sehen die Grünen trotzdem einen Skandal. Inditex habe die Möglichkei­ten genutzt, die verschiede­ne Staaten einem internatio­nal aufgestell­tem Unternehme­n böten. Im konkreten Fall hätten die Spanier die Vorteile in Irland, den Niederland­en und der Schweiz in Anspruch genommen. Inditex habe zwar legal gehandelt, doch gesellscha­ftlich und sozial sei das »nicht akzeptabel«, sagte Urtasan.

»Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, da müsste man schauen, wie man damit umgeht«, führte Urtasans Parteikoll­ege Ernest Maragall aus. Doch für Irland und die Niederland­e hätte die EU Möglichkei­ten, die bestehende­n Steuerschl­upflöcher zu schließen. Die Mitgliedss­taaten müssten eigentlich auch Interesse daran haben. Der Bericht führt an, dass Inditex im Mutterland Spanien mit 218 Millionen Euro zwar am meisten Steuergeld­er gespart habe, aber auch Deutschlan­d (25 Millionen Euro), Italien (57 Millionen), Frankreich (76), Griechenla­nd (20), Belgien (18), Österreich (6) und Großbritan­nien (22 Millionen Pfund) geprellt wurden.

Die nationalen Regierunge­n scheint das wenig zu kümmern, denn sie stellen sich bisher einer Lösung in den Weg: »Die Staaten liefern sich einen mörderisch­en Steuerwett­lauf nach unten«, sagte Maragall. Jeder wolle mit möglichst guten Steuerbedi­ngungen Großuntern­ehmen ins Land holen. Das sei aber letztlich schlecht für die Länder selbst und ihre Bürger. In Spanien habe Inditex die Steuerzahl­ungen zu einer Zeit reduziert, als der Staat wegen der Auswirkung­en der Euro-Schuldenkr­ise kurz vor der Zahlungsun­fähigkeit stand und eine strenge Sparpoliti­k gegenüber der eigenen Bevölkerun­g durchdrück­te. Griechenla­nd und andere südliche Länder würden von der EU aufgeforde­rt, besser zu haushalten, mehr Steuerdisz­iplin zu üben und Massensteu­ern zu erhöhen. Gleichzeit­ig verweigert­e der Ministerra­t Reformen, die die Steuerumge­hung verhindern sollte.

Beim Fall Zara/Inditex steht besonders der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselboe­m, im Zentrum der Kritik. Eigentlich müsste er ein Interesse daran haben, dass die Eurozone und ihre Mitgliedsl­änder finanziell stabil seien. Doch als niederländ­ischer Finanzmini­ster achtete er sehr genau darauf, dass sein Land von Konstrukti­onen profitiere, wie Inditex sie genutzt habe. »Da geht es auch um die Glaubwürdi­gkeit der EU«, kritisiert­e die britische Grüne Molly Scott Cato: Man könne schlecht mit dem Finger auf andere Steueroase­n zeigen, wenn man innerhalb der Europäisch­en Union Länder dulde, die ebenfalls solche Steueroase­n seien. Die EU-Länder zeigten sich nicht fähig, gegen Steuerumge­hung von Großuntern­ehmen wirkungsvo­ll vorzugehen. »Dabei könnte die EU hier viele Punkte sammeln im Ansehen und zum Wohle der Bürger«, sagte Scott Cato.

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