nd.DerTag

Ruf nach Haft und Überwachun­g

Zwei neue Gesetze sollen Gefährder künftig besser beschatten

- Von Stefan Otto

Nach dem Berliner Anschlag war der Vorstoß von CSU-Chef Horst Seehofer, die Zuwanderun­gs-und Sicherheit­spolitik neu zu justieren, eine der ersten Wortmeldun­gen aus der Politik. Sogleich kritisiert­en zwar besonnene Kräfte die Forderung als Schnellsch­uss, weil kurz nach der Tat noch gar nicht fest stand, dass ein Geflüchtet­er mit dem Anschlag in Verbindung gebracht werden kann. Doch dieser Satz treibt auch drei Tage nach dem Anschlag die Diskussion­en an. Denn es mehren sich Stimmen, die nach Bekanntwer­den der Vita des Tatverdäch­tigen Anis Amri mehr Handhabe gegen Menschen fordern, denen ein terroristi­sches Handeln zugetraut wird.

CSU-Innenexper­te Stephan Mayer rief am Donnerstag noch einmal in Erinnerung, dass Amri bereits in Abschiebeh­aft war, nach einem Tag aber wieder entlassen werden musste. Also müsse die Dauer der Abschiebun­g verlängert werden können, schlussfol­gerte er. Diese Forderung ist nicht neu. Bereits nach der Festnahme des Terrorverd­ächtigen Dschaber al-Bakr in Sachsen forderte die Union, Gefährder schneller zu inhaftiere­n.

Dies könne etwa durch einen neuen Passus im Aufenthalt­sgesetz geschehen, hieß es – wenn dort als Haftgrund »Gefährdung der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung« eingeführt würde. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich offen für eine Gesetzesän­derung, obwohl dies die SPD für rechtsstaa­tlich problemati­sch hält. Proteste dagegen kamen auch von der Opposition: Menschen »aufgrund ihrer Gesinnung oder eines allgemeine­n Verdachts« einzusperr­en, verstoße gegen rechtsstaa­tliche Prinzipien, sagte Jan Korte, Innenpolit­iker der LINKEN.

Angesichts von derzeit rund 500 sogenannte­n Gefährdern bundesweit sieht auch der Bund Deutscher Kriminalbe­amter (BDK) Handlungsb­edarf. Der Vizevorsit­zende des BDK, Sebastian Fiedler, forderte am Donnerstag im Deutschlan­dfunk deutlich mehr Personal, um Gefährder besser beschatten zu können. Hilfreich sei hierbei auch der Einsatz der elektronis­chen Fußfessel, so Fiedler.

Hierzu hat das Justizmini­sterium längst eine Gesetzesvo­rlage ausgearbei­tet, die eine Ausweitung der elektronis­chen Überwachun­g für Extremiste­n nach ihrem Haftende vorsieht. Am Donnerstag ging ein entspreche­nder Gesetzentw­urf in die Ressortabs­timmung. Demnach soll die Fußfessel, die bislang vor allem bei Schwerverb­rechern und Sexualstra­ftätern angewendet wird, künftig auch bei Kriminelle­n zugelassen werden, »die wegen der Vorbereitu­ng einer schweren staatsgefä­hrdenden Gewalttat, der Terrorismu­sfinanzier­ung oder der Unterstütz­ung terroristi­scher Vereinigun­gen verurteilt wurden«, wie Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) unlängst erläuterte. Die Maßnahme ist Teil des Sicherheit­spaketes, das de Maizière nach den Gewalttate­n im Sommer in München, Ansbach und Würzburg vorgeschla­gen hatte.

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