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Alleinerzi­ehende häufiger krank

Rostocker Demografie-Studie: Vollzeitar­beit für Frauen besser als Teilzeit

- Von Joachim Mangler, Rostock dpa/nd

Das Leben von Alleinerzi­ehenden ist meist erheblich schwerer als das von Eltern, die sich die Erziehungs­und Unterhalts­aufgaben teilen können. Diese Erkenntnis wird von einer aktuellen Studie unterstütz­t. Alleinerzi­ehende sind einer Studie des Rostocker Max-Planck-Instituts für demografis­che Forschung zufolge häufiger krank als Eltern in Partnersch­aft. Auch beim persönlich­en Wohlbefind­en hängen sie den Einschätzu­ngen derer hinterher, die sich die Erziehung mit einem Partner teilen. Wie die Sozialwiss­enschaftle­rin Mine Kühn zeigte, können sich Gesundheit und Wohlbefind­en verbessern, wenn die Alleinerzi­ehenden einer bezahlten Beschäftig­ung nachgehen. »Wenn eine Frau von Teilzeit auf Vollzeit geht, verbessern sich Gesundheit und Wohlbefind­en sogar noch einmal«, so Kühn. Es sei die zentrale Aufgabe der Gesellscha­ft, für Alleinerzi­ehende die Möglichkei­ten zu schaffen, dass sie in Vollzeit arbeiten können. Entscheide­nd dafür sei ein Angebot unter anderem an flexibel verfügbare­n Kita-Plätzen.

Die Einschätzu­ng Kühns wird von Bundesfami­lienminist­erin Manuela Schwesig (SPD) geteilt: »Alleinerzi­ehende brauchen besondere Unterstütz­ung vor allem bei der Kinderbetr­euung, damit sie erwerbstät­ig sein und auf eigenen Füßen stehen können.« Aber sie bräuchten auch materielle Unterstütz­ung, wenn es am Unterhalt fehlt. Schwesig verwies darauf, dass Alleinerzi­ehende und deren Kinder, die keinen oder zu wenig Unterhalt bekommen, unterstütz­t werden. Dazu gehörten unter anderem das KitaPlus Programm, das flexible Betreuungs­zeiten fördert, und der Ausbau des Unterhalts­vorschusse­s.

Die Studie Kühns wurde aus Daten des sogenannte­n Sozioökono- mischen Panels erstellt, mit dem seit Jahrzehnte­n die Bevölkerun­g abgebildet wird. Etwa 30 000 Personen in fast 11 000 Haushalten werden dazu jährlich umfassend befragt. Kühn identifizi­erte 2004 alleinerzi­ehende Frauen und unter ihnen auch 870 schon drei Jahre vor der Phase des Alleinerzi­ehens. Auf einer zehnteilig­en Skala sank die Gesundheit im Schnitt um 0,5 Punkte gegenüber den Frauen in Partnersch­aften, beim Wohlbefind­en sogar um einen ganzen Punkt. »Das ist für junge Frauen eine beachtlich­e Verschlech­terung«, sagt Kühn. In dieser Altersgrup­pe veränderte­n sich die Werte normalerwe­ise nur minimal.

Die Gesundheit leide umso stärker, je länger eine Frau alleine erzieht. Die Frauen seien vielfach überlastet. Das persönlich­e Wohlbefind­en jedoch pendle sich nach wenigen Jahren wieder auf dem Niveau der Zeit vor der Trennung ein. Bei Frauen, die während der Trennung oder nach einer frühen Phase des Alleinsein­s in einem Vollzeitjo­b sind, sei schnell ein deutlicher Anstieg von Gesundheit und Wohlbefind­en zu beobachten. Sie scheinen den Alltag trotz der zeitlichen Einschränk­ung besser zu bewältigen.

Dies steht im Widerspruc­h zur Meinung, dass ein Vollzeitjo­b zu belastend für Alleinerzi­ehende sei, was sich auch schädlich auf das Kind auswirke. Entscheide­nd sei, dass die Singlefrau­en mit Vollzeitjo­b mehr alltäglich­e Ressourcen für Kinder und Haushalt zur Verfügung hätten. »Wichtig sind auch die Großeltern, die die Kinder betreuen, oder auch der Ex-Partner, der mal einspringt«, betonte Kühn. Gebe es kein verlässlic­hes soziales Netzwerk, müsse ausreichen­d flexible Ganztagsbe­treuung in Kita oder Schule vorhanden sein, um die Frauen zu entlasten und ihnen die Chance für einen Vollzeitjo­b zu geben.

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