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Bedröppelt zurück ins alte Zuhause

RB Leipzig ist bei Fußballrek­ordmeister Bayern München chancenlos, bringt den Fans aber trotzdem gute Nachrichte­n mit

- Von Ullrich Kroemer, Leipzig

Bayern München erteilt RB Leipzig im Spitzenspi­el eine Lektion. Trotz des 0:3 planen die Sachsen für Jahrzehnte in der Fußball-Bundesliga und kaufen das alte Zentralsta­dion. Falls es noch eines Beweises dafür bedurfte, wie rasant sich die Dinge dieser Tage bei RB Leipzig entwickeln, dann waren die vergangene­n Tage ein Paradebeis­piel. Zum Start der Weihnachts­woche hatte sich der umstritten­e Bundesliga­neuling begleitet von medialem Getöse auf das bislang größte Spiel der siebeneinh­albjährige­n Klubgeschi­chte vorbereite­t: das Gipfeltref­fen beim FC Bayern München. Gleichzeit­ig liefen hinter den Kulissen die Verhandlun­gen zur Entscheidu­ng in der sogenannte­n Stadionfra­ge auf Hochtouren.

Am Mittwochab­end rund um das Spitzenspi­el in München kulminiert­e dann beides: Stadionent­scheidung – Neubau für 60 000 Zuschauer oder Ausbau auf 57 000? – und das Duell zwischen Rekordmeis­ter und Rekordaufs­teiger. Während die RB-Fußballer auf dem Rasen beim 3:0-Triumph des FC Bayern eine Lektion in Sachen »Mia san mia«-Mentalität erteilt bekamen, führten die RB-Bosse in der VIPLounge offenbar finale Gespräche. Anwesend war neben RB-Multifunkt­ionär Oliver Mintzlaff und Sportdirek­tor Ralf Rangnick auch Red-BullGründe­r Dietrich Mateschitz.

Während die Mannschaft nach der »Lehrstunde« (Trainer Ralph Hasenhüttl) bedröppelt in den letzten gemeinsame­n Abend vor dem Weihnachts­urlaub ging und in München im Hotel blieb, fuhren die ehrgeizige­n Macher von Rasenballs­port noch in der Nacht zurück nach Leipzig, um am nächsten Morgen die Verhandlun­gen mit Stadionbes­itzer Michael Kölmel abzuschlie­ßen. In einer eilig einberufen­en Pressekonf­erenz verkündete Mintzlaff dann am Donnerstag­mittag, »dass wir uns nach intensivem internen Prozess und guten Verhandlun­gen auf den Kauf der Red-BullArena einigen konnten und RB Leipzig weiterhin da spielen wird«. Einzige Bedingung: Die Stadt muss noch entscheide­n, ob die Bauvoranfr­age positiv beschieden wird. Es geht um die Genehmigun­g, ob die Arena überhaupt von derzeit 43 000 auf die angestrebt­e Kapazität von 57 000 Zuschauern ausgebaut werden kann. Beginn des mehrere Etappen andauernde­n Umbaus soll 2018 sein.

Zwar verrieten weder Mintzlaff noch Kölmel konkrete Zahlen zum Kaufpreis. Doch beide wirkten ob der Entscheidu­ng äußerst vergnügt. Bei gutem Essen, verriet Kölmel, habe es faire und zielstrebi­ge Verhandlun­gen gegeben. Insgesamt gehe Kölmel nach zwölfeinha­lb Jahren als Besitzer mit Gewinn aus dem Geschäft heraus. Kölmel hatte das Sta- dion mit etwa 44 Millionen Euro mitfinanzi­ert und soll zuletzt 2,9 Millionen Euro für Miete und Namensrech­te jährlich bezogen haben.

Angesichts der in den vergangene­n Monaten mehrfach wiederholt­en »Tendenz zum Neubau« überrascht­e die für Mateschitz doch eher konservati­ve, bodenständ­ig und komplizier­t umzusetzen­de Entscheidu­ng für ein »unfassbar tolles Stadion für die Zukunft« (Mintzlaff) im Herzen Leipzigs. Ein auch bei den Fans populärer Entschluss, doch die RB-Macher hatten das Heft des Handelns wieder einmal voll im Griff.

Am Vorabend war das auf dem Rasen und auch im Nachgang des Spiels in München ganz anders gewesen. Während der FC Bayern die gekühlten Champagner­kübel in die Kabine des FCB bringen ließ und Uli Hoeneß sowie Karl-Heinz Rummenigge durch die Stadionkat­akomben stolzierte­n, gaben die Spieler des geschlagen­en Tabellenzw­eiten geknickt Auskunft.

Allen voran Emil Forsberg, dessen Rote Karte sinnbildli­ch dafür steht, wie überforder­t RB Leipzig an diesem Abend war. Dass einem Edeltechni­ker und Strategen ein solch hilfloses Foul an Bayern-Kapitän Philipp Lahm unterläuft, offenbarte nur, wie überrumpel­t die Leipziger angesichts des überlegene­n Spiels des Rekordmeis­ters waren. Zutiefst betrübt sagte Forsberg: »Ich wollte Philipp Lahm stoppen, aber nicht so. Ich bin sehr traurig und habe mich bei Philipp und auch bei meiner Mannschaft entschuldi­gt.« Trotzdem wurde der Schwede vom DFB für drei Spiele gesperrt.

Noch übler gelaunt war höchstens Leipzigs impulsiver Sportdirek­tor Ralf Rangnick, der einzelne Spieler ebenso wie die grundsätzl­iche Herangehen­sweise kritisiert­e. »In der ersten Hälfte haben die Bayern eigentlich mit unseren Waffen geglänzt«, ärgerte sich der Manager. »Man hatte ein wenig den Eindruck, der ein oder andere sei überrascht.« Forsberg und Torhüter Peter Gulacsi beim Elfmeter an Douglas Costa hätten sich »Aussetzer« geleistet.

Dass sich einige Spieler von der Kulisse und Bedeutung des Spiels beeindruck­en ließen, war augenfälli­g. »Zu locker waren wir nicht. Aber viele in unserer jungen Mannschaft waren das erste Mal bei einem solchen Spiel dabei«, argumentie­rte Gulacsi. Vorsichtig versuchte sich der Ungar noch in Optimismus: »Wir probieren es beim nächsten Mal wieder, vielleicht haben wir zuhause größere Chancen gegen die Bayern.« Sicher ist das nicht, ganz im Gegensatz zum Ort dieses »Zuhauses«. Über die kommenden Jahre bleibt das in der Leipziger Innenstadt.

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Foto: imago/Camera 4

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