nd.DerTag

Erdogan kennt keine Gnade

Prozess gegen Publizisti­n Asli Erdogan und Co. / Kritischer Journalist verhaftet

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Istanbul. Keine Atempause gibt es für die Kritiker des türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Am Donnerstag begann in Istanbul ein Prozess gegen die türkische Schriftste­llerin Asli Erdogan und acht weitere Angeklagte wird wegen ihrer Mitarbeit bei der pro-kurdischen Zeitung »Özgür Gündem« u.a. »Terror-Propaganda« vorgeworfe­n. Zwar ordnete das Gericht unter Auflagen die Entlassung der 70-jährigen Erdogan nach 132 Tagen Untersuchu­ngshaft an, dennoch drohen ihr und den Mitangekla­gten lebenslang­e Gefängniss­trafen.

Ebenfalls am Donnerstag wurde der regierungs­kritische Journalist Ahmet Sik in Istanbul unter angebliche­m Terrorverd­acht festgenomm­en. Die staatliche Nachrichte­nagentur Anadolu meldete, Sik werde Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpa­rtei PKK und Beleidigun­g von Staatsorga­nen vorgeworfe­n.

Sik gehört zu den prominente­sten Kritikern der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Staatschef Recep Tayyip Erdogan für den Putschvers­uch Mitte Juli verantwort­lich macht. Sein Buch »Die Armee des Imam« wurde 2011 noch vor der Veröffentl­ichung verboten, er selber saß ein Jahr in Untersuchu­ngshaft. Sik kritisiert aber auch die jahrelange Förderung Gülens durch die Regierungs­partei AKP und vor allem durch Erdogan bis zum öffentlich­en Bruch 2013. In einem dpa-Interview hatte Sik Mitte August gefordert: »Fethullah Gülen und Recep Tayyip Erdogan müssen wegen Bildung und Leitung einer Organisati­on zusammen vor Gericht gestellt werden.« Das droht nun Sik selbst.

Die türkischen Behörden gehen seit dem Putschvers­uch im Juli verstärkt gegen Regierungs­kritiker vor: In den vergangene­n fünf Monaten wurden über 82 000 Menschen festgenomm­en und über 41 000 Menschen verhaftet.

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Foto: AFP/Ozan Kos Protest zum Prozessauf­takt vor dem Gericht in Istanbul: »Die Freiheit der Schriftste­ller ist in Gefahr«

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