Kabinett der Saboteure
Der künftige US-Präsident ernennt Leute zu Ministern, die von ihren Aufgaben nicht viel halten
»Amerika zuerst«: Trumps designiertes Rechtsaußen-Kabinett ist eine Mischung aus Milliardären, Militärs, Religionskriegern und Traditionalisten. Der gewählte US-Präsident Donald Trump, der am 20. Januar den Amtseid leisten soll, hat sein Wunschkabinett weitgehend bestückt. Am Dienstag ernannte Trump seinen Anwalt und Berater Jason Greenblatt zum Sonderbeauftragten für internationale Verhandlungen. Greenblatt sei einer seiner engsten und meistvertrauten Berater, so Trump. Die designierten Minister müssen zwar noch vom Senat bestätigt werden. Da in den beiden Kammern des USA-Kongresses die Republikaner die Mehrheit haben, kann die Minderheitsopposition der Demokraten mit einem eigenständigen Veto keinen Amtsantritt verhindern. Allein übergreifenden Mehrheiten unter Einschluss von Republikanern wäre dies möglich. Um das zu verhindern und ein »Durchregieren« von Anfang an sicher zu stellen, verlässt sich Trump auf seinen Einpeitscher, den rechtsextremen Chefberater Steve Bannon. Laut Presseberichten herrscht bei den Republikanern im Kongress bereits Furcht.
Wohin die Reise der USA unter Präsident Trump in der Innen-, Wirt- schafts-, und Sozialpolitik geht, wurde nach den Wahlen schnell deutlich: Steuererleichterungen für Großunternehmen und Reiche, sozialer Kahlschlag durch Deregulierung sowie Forcierung eines autoritären Überwachungs- und Polizeistaats. Die Minister für Handel (Wilbur Ross) und Finanzen (Steven Mnuchin) werden in leitenden und stellvertretenden Funktionen ehemalige Banker und Hedgefonds-Manager übernehmen. Der designierte Minister für Energie, Rick Perry, wollte das Amt, für das er nun vorgesehen ist, vor vier Jahren noch abschaffen. Elisabeth »Betsy« DeVos, für das Bildungsministerium vorgesehen, ist Milliardärin und hält nichts von öffentlichen Schulen. Der designierte Chef der Umweltbehörde, Scott Pruitt, ist ein radikaler Gegner des Umweltschutzes, Benjamin »Ben« Carson, künftiger Minister für Wohnungsbau, ein Gegner von Sozialwohnungen.
Manche Amtsträger von Trumps Gnaden erwecken den Eindruck, als seien sie ausgewählt worden, um die Institutionen, die sie leiten sollen, überflüssig zu machen. Beobachter sprechen deshalb von einem Kabinett der Saboteure.
Zu den herausragenden innenpolitischen Scharfmachern gehören Vizepräsident Mike Pence und Justizminister Jeff Sessions. Ersterer ist ein radikaler Gegner von LGBT-Men- schen und Abtreibung und befürwortet Zwangs-»Therapien« von Schwulen und Lesben. Zu seinem Angriffsziel gehört die staatlich unterstützte, US-weit größte Familienplanungsorganisation »Planned Parenthood«. Ebenfalls ein radikaler Abtreibungsgegner ist der designierte Justizminister Jeff Sessions. Der ultrarechte Senator aus Alabama machte in der Vergangenheit mit rassistischen Äußerungen von sich reden. Unter seiner Regie ist politische und polizeiliche Repression zu befürchten.
Laut dem Magazin »Foreign Affairs«, das einen Blick auf die mögliche Außenpolitik der neuen Regierung wagte, hat sich Trump mit Vertretern von dreierlei Schulen umgeben: America First-Nationalisten, Religionskriegern und Traditionalisten. Erstere hingen Trumps Weltsicht von einem wirtschaftlichen Nationalismus an, der sich an traditionelle internationale Bündnisse nicht gebunden fühlt und beispielsweise die Konfrontation mit China und die Annäherung an Russland sucht. Für die Religionskrieger stehe die Feindschaft zum radikalen Islam, den Iran eingeschlossen, im Vordergrund. Als traditionalistisch würde das republikanische Außenpolitik-Establishment gelten, so die Zeitschrift. Jede der einander misstrauenden Schulen brauche jeweils eine andere, um die drit- te in Schach zu halten. In welche Schule sich der designierte Außenminister Rex Tillerson einfügt, ist dabei noch offen. Vermutlich am ehesten in die erste, denn der als »PutinFreund« geltende Tillerson ist in erster Linie Geschäftsmann und derzeit noch Generaldirektor des Energiekonzerns Exxon Mobil.
Trump hat drei Generäle in sein Kabinett aufgenommen: James »Mad Dog« Mattis als Chef des Verteidigungsministeriums, Michael Flynn als nationalen Sicherheitsberater und John Kelly als Leiter des Heimatschutzministeriums. Flynn und Mattis gelten als scharfe Islamgegner, der unberechenbare Flynn darüber hinaus als Anhänger von wilden Verschwörungstheorien. Kelly wiederum ist der Meinung, der Iran mische sich zu sehr in Zentral- und Südamerika ein und gefährde dadurch die nationale Sicherheit der USA.
Das linke Magazin »The Nation« befürchtet von dem extremistischen Trio eine Politik, die die USA in einen Krieg gegen den Iran treibt. Ein außenpolitisches Paradox bleibt der Zeitschrift zufolge allerdings: Die Haltung der USA unter Trump zu Russland, das mit dem Iran in Nahost verbündet ist. Der Widerspruch wird in der Person Flynn deutlich. In seinem neuen Buch »The Field of Fight« bezeichnete er Moskau als Kriegstreiber gegen die USA. Ande- rerseits trat er mehrmals im russischen Sender RT und sogar im Beisein von Russlands Präsidenten Wladimir Putin bei einer Galaveranstaltung von RT auf.
Eine weitere wichtige Mitstreiterin für »America First« ist Trumps älteste Tochter Ivanka. Sie war in dem Trump-Unternehmen für Immobilien zuständig und fungiert dort seit 2015 als kommissarische Geschäftsführerin. Wichtiger noch für ihren Bekanntheitsgrad: Sie ist seit Jahren das Gesicht der Marke Trump. Im Wahlkampf redete sie den Sexismus ihres Vaters schön und präsentierte sich gleichzeitig als arbeitende Mutter mit drei Kindern.
Im Übergangsteam fungiert sie als Beraterin und Fürsprecherin ihres Vaters. Sie saß beim ersten Treffen Trumps mit den Tech-Größen des Silicon Valley ebenso am Verhandlungstisch wie beim Zusammentreffen ihres Vaters mit dem japanischen Premier und dem argentinischen Präsidenten. Sie befindet sich mit ihrem Ehemann, dem Hedgefonds-Manager Jared Kushner, der im Übergangsteam ebenfalls mit entscheidet, auf Wohnungssuche in Washington und will sich Gerüchten zufolge im Weißen Haus ein eigenes Büro einrichten. Die »Washington Post« spekulierte, die Tochter Ivanka Trump könne zur mächtigsten First Lady in der Geschichte der USA werden.