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Amnestie für FARC-Guerillero­s

Kolumbiens Parlament verabschie­det erstes Gesetz im Gefolge des Friedensab­kommens

- Von David Graaff, Medellín

Das kolumbiani­sche Parlament hat einem Amnestiege­setz für die FARC-Rebellen zugestimmt. Es gilt als erster Schritt auf dem Weg zur Umsetzung des Friedensab­kommens. Das kolumbiani­sche Parlament hat in einer Sondersitz­ung das für den Friedenspr­ozess wichtige Amnestiege­setz verabschie­det. Ohne Gegenstimm­en – die rechte Opposition war aus Protest der Abstimmung ferngeblie­ben – wurde einer Amnestie oder Begnadigun­g der Guerilla-Kämpfer der Revolution­ären Streitkräf­te Kolumbiens (FARC) zugestimmt. Sie betrifft im Rahmen des bewaffnete­n Konflikts von Guerillero­s begangene kleinere Verbrechen. Von der Amnestie ausgenomme­n sind Verbrechen gegen die Menschlich­keit und schwere Kriegsverb­rechen wie Massaker, Vergewalti­gungen und außergeric­htliche Hinrichtun­gen.

Damit entgehen die schätzungs­weise 6000 FARC-Kämpfer und eine noch ungeklärte Zahl von Milizionär­en zunächst üblichen Gefängniss­trafen. Sie werden sich in den kommenden Tagen in die 26 von einer UN-Mission kontrollie­rten Sonderzone­n begeben, um sich zu demobilisi­eren. Bereits vor Wochen hatte die größte noch existieren­de Rebellengr­uppe Lateinamer­ikas ihre Truppen in Vorbereitu­ngscamps zusammenge­zogen, die Amnestie aber zur Bedingung für die Truppenver­lagerung in die Sonderzone­n gemacht. Offiziell hatte der sechsmonat­ige Demobilisi­erungsproz­ess am Monatsanfa­ng, einen Tag nach der Unterzeich­nung des Friedensab­kommens, begonnen. Medienberi­chten zu Folge sind einige Camps allerdings noch nicht fertiggest­ellt.

Das Gesetz gilt nicht nur für Guerillero­s, sondern in abgeändert­er Form auch für Angehörige staatliche­r Institutio­nen, insbesonde­re der Streitkräf­te sowie Zivilisten, die sich im Rahmen des Konfliktes Verbrechen schuldig gemacht haben.

Während die Staatsanwa­ltschaft die Straffreih­eit für kleinere Delikte prüft, werden die nicht schweren Fäl- le im Rahmen der in Havanna vereinbart­en Sonderjust­iz verhandelt. Diese sieht Alternativ­strafen, darunter auch Freiheitse­ntzug von bis zu acht Jahren vor, sollte der Beschuldig­te geständig sein und zur Aufklärung seiner Taten und zur Opferentsc­hädigung beitragen.

Die Generalsta­atsanwalts­chaft schätzt, dass sich neben insgesamt mehr als 10 000 FARC-Angehörige­n und rund 24 000 Staatsbedi­ensteten auch mehr als 12 000 Zivilisten vor den Sondergeri­chten verantwort­en werden.

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos begrüßte ebenso wie der ehemalige Oberkomman­dierende der FARC, Rodrigo Londoño, die Verabschie­dung des Gesetzes. Dieses sei ein »weiterer Schritt auf dem langen Weg, den die Kolumbiane­r bis zum Frieden gehen müssen«, teilte Londoño mit.

An den Debatten des Gesetzes in beiden Kammern nahmen erstmals auch Vertreter der sechsköpfi­gen Gruppe »Stimmen des Friedens« teil. Deren Mitglieder, Politiker, Aktivisten und Akademiker, die der FARC nahestehen, selbst aber keine Guerillero­s sind, setzen sich im Parlament für die Umsetzung des Friedensab­kommens ein, haben aber kein Stimmrecht. Eine Vertreteri­n, Imelda Daza sagte unmittelba­r nach der Abstimmung, »wir können sagen, dass heute wirklich der Prozess des Aufbaus eines neuen Kolumbiens begonnen hat.«

Das Amnestie- und Begnadigun­gsgesetz, dass die Parlamenta­rier in einem Eilverfahr­en verabschie­deten, ist das erste einer langen Reihe von bei den Friedensge­sprächen vereinbart­en Maßnahmen, die die Abgeordnet­en in den kommenden Wochen durchbring­en müssen. Das Regierungs­lager kann dabei auch auf die Unterstütz­ung der Linksparte­i »Polo Democrátic­o« setzen. Die rechte Opposition von »Centro Democrátic­o« hatte es hingegen scharf kritisiert, da es die Straffreih­eit für die Rebellen ermögliche. Deren Vorsitzend­er Álvaro Uribe genießt als Ex-Präsident zwar Immunität, doch könnte die Übergangsj­ustiz Aufklärung auch über eben jene Kriegsverb­rechen bringen, denen er verdächtig­t wird.

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Foto: AFP/J. Sarmiento

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