Amnestie für FARC-Guerilleros
Kolumbiens Parlament verabschiedet erstes Gesetz im Gefolge des Friedensabkommens
Das kolumbianische Parlament hat einem Amnestiegesetz für die FARC-Rebellen zugestimmt. Es gilt als erster Schritt auf dem Weg zur Umsetzung des Friedensabkommens. Das kolumbianische Parlament hat in einer Sondersitzung das für den Friedensprozess wichtige Amnestiegesetz verabschiedet. Ohne Gegenstimmen – die rechte Opposition war aus Protest der Abstimmung ferngeblieben – wurde einer Amnestie oder Begnadigung der Guerilla-Kämpfer der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) zugestimmt. Sie betrifft im Rahmen des bewaffneten Konflikts von Guerilleros begangene kleinere Verbrechen. Von der Amnestie ausgenommen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwere Kriegsverbrechen wie Massaker, Vergewaltigungen und außergerichtliche Hinrichtungen.
Damit entgehen die schätzungsweise 6000 FARC-Kämpfer und eine noch ungeklärte Zahl von Milizionären zunächst üblichen Gefängnisstrafen. Sie werden sich in den kommenden Tagen in die 26 von einer UN-Mission kontrollierten Sonderzonen begeben, um sich zu demobilisieren. Bereits vor Wochen hatte die größte noch existierende Rebellengruppe Lateinamerikas ihre Truppen in Vorbereitungscamps zusammengezogen, die Amnestie aber zur Bedingung für die Truppenverlagerung in die Sonderzonen gemacht. Offiziell hatte der sechsmonatige Demobilisierungsprozess am Monatsanfang, einen Tag nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens, begonnen. Medienberichten zu Folge sind einige Camps allerdings noch nicht fertiggestellt.
Das Gesetz gilt nicht nur für Guerilleros, sondern in abgeänderter Form auch für Angehörige staatlicher Institutionen, insbesondere der Streitkräfte sowie Zivilisten, die sich im Rahmen des Konfliktes Verbrechen schuldig gemacht haben.
Während die Staatsanwaltschaft die Straffreiheit für kleinere Delikte prüft, werden die nicht schweren Fäl- le im Rahmen der in Havanna vereinbarten Sonderjustiz verhandelt. Diese sieht Alternativstrafen, darunter auch Freiheitsentzug von bis zu acht Jahren vor, sollte der Beschuldigte geständig sein und zur Aufklärung seiner Taten und zur Opferentschädigung beitragen.
Die Generalstaatsanwaltschaft schätzt, dass sich neben insgesamt mehr als 10 000 FARC-Angehörigen und rund 24 000 Staatsbediensteten auch mehr als 12 000 Zivilisten vor den Sondergerichten verantworten werden.
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos begrüßte ebenso wie der ehemalige Oberkommandierende der FARC, Rodrigo Londoño, die Verabschiedung des Gesetzes. Dieses sei ein »weiterer Schritt auf dem langen Weg, den die Kolumbianer bis zum Frieden gehen müssen«, teilte Londoño mit.
An den Debatten des Gesetzes in beiden Kammern nahmen erstmals auch Vertreter der sechsköpfigen Gruppe »Stimmen des Friedens« teil. Deren Mitglieder, Politiker, Aktivisten und Akademiker, die der FARC nahestehen, selbst aber keine Guerilleros sind, setzen sich im Parlament für die Umsetzung des Friedensabkommens ein, haben aber kein Stimmrecht. Eine Vertreterin, Imelda Daza sagte unmittelbar nach der Abstimmung, »wir können sagen, dass heute wirklich der Prozess des Aufbaus eines neuen Kolumbiens begonnen hat.«
Das Amnestie- und Begnadigungsgesetz, dass die Parlamentarier in einem Eilverfahren verabschiedeten, ist das erste einer langen Reihe von bei den Friedensgesprächen vereinbarten Maßnahmen, die die Abgeordneten in den kommenden Wochen durchbringen müssen. Das Regierungslager kann dabei auch auf die Unterstützung der Linkspartei »Polo Democrático« setzen. Die rechte Opposition von »Centro Democrático« hatte es hingegen scharf kritisiert, da es die Straffreiheit für die Rebellen ermögliche. Deren Vorsitzender Álvaro Uribe genießt als Ex-Präsident zwar Immunität, doch könnte die Übergangsjustiz Aufklärung auch über eben jene Kriegsverbrechen bringen, denen er verdächtigt wird.