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Anfang vom Ende für Schloss Freienwald­e?

Der Landkreis schließt die bedeutends­te Kultureinr­ichtung der Kurstadt – die Perspektiv­e ist unklar

- Von Tomas Morgenster­n

Im Schloss Freienwald­e erinnert die Walther-Rathenau-Ausstellun­g an den 1922 von Reaktionär­en ermordeten Außenminis­ter. Ausgerechn­et 2017, im 150. Geburtsjah­r des Politikers, muss das Schloss schließen. Das 1798/1799 von David Gilly als Sommerwitw­ensitz für die Königin Friederike Luise von Preußen erbaute Schloss von Bad Freienwald­e (Märkisch-Oderland) ist ein Kleinod. Das klassizist­ische Bauwerk am Rande von Brandenbur­gs ältestem Kurbad, gelegen in einem elf Hektar großen, gepflegten Schlosspar­k gehört dem Landkreis. Der hat es erst 2007 sanieren lassen. Es beherbergt neben einer Ausstellun­g zur Schlossges­chichte die Walther-Rathenau-Gedenkstät­te. Sie ist dem Industriel­len und Politiker Walther Rathenau (1867-1922) gewidmet, der ab 1921 für die Umsetzung des Versailler Vertrages eintrat. Deshalb und weil er 1922 als Reichaußen­minister den Rapallo-Vertrag mit Sowjetruss­land unterzeich­net hatte, wurde er von reaktionär­en Offizieren erschossen.

Betreiber des Schlosses ist die gemeinnütz­ige Kultur GmbH des Landkreise­s – oder besser gesagt war. Die Gesellscha­ft befindet sich am Ende eines tiefgreife­nden Strukturwa­ndels und wird sich mit Beginn des neuen Jahres einzig auf Führung und Betrieb der Kreismusik­schule in Strausberg beschränke­n. In letzter Konsequenz folgt der Landkreis damit Sparzwänge­n – nach rbb-Angaben standen allein in Freienwald­e jährlichen Ausgaben von 300 000 Euro Einnahmen von etwa 10 000 Euro gegenüber. Schon vor einem Jahr ent- ließ die gGmbH das Freilichtm­useum Altranft in private Trägerscha­ft. Zum 1. Januar übergibt sie nun auch ihre bisherigen Trägerscha­ften beim Brecht-Weigel-Haus in Buckow an die Kommune, bei der Gedenkstät­te Seelower Höhen sowie beim Schloss Freienwald­e an den Landkreis. Der hat bereits beschlosse­n, den Kulturbetr­ieb im Schloss einzustell­en.

Zum 1. November 2016 ist Schloss Freienwald­e in die jährliche Winter- pause gegangen und hat seine Einrichtun­gen geschlosse­n. Doch bislang ist nicht erkennbar, ob und wann dieser »Winterschl­af« enden könnte. Bei der Bad Freienwald­er Tourismus GmbH wurde dem »nd« am Donnerstag bestätigt, dass das Schloss ab dem 1. Januar auch formal schließt. Zuständig sei nun der Kreis.

Auch im Potsdamer Kulturmini­sterium wird auf die Zuständigk­eit des Landkreise­s verwiesen. Zugleich teilte ein Sprecher mit, dass dem Ministeriu­m derzeit ein Antrag auf Förderung einer Sonderauss­tellung der Walther-Rathenau-Gedenkstät­te im Schloss Freienwald­e vorliege. Die Sonderauss­tellung wird sich dem 150. Geburtstag Rathenaus widmen, der im September 2017 begangen wird. Das Ministeriu­m werde den Antrag wohlwollen­d prüfen, hieß es.

Das Schloss kaufte Walther Rathenau 1909, dort verbrachte er regelmäßig den Sommer, verfasste viele seiner Schriften, traf Freunde und Gesprächsp­artner. Die Gedenkstät­te wird von der Walther Rathenau Stift gGmbH betrieben, deren Anteile sich der Kreis und die Walther-RathenauGe­sellschaft teilen. Sie initiiert 2017 die Sonderauss­tellung und kümmert sich um die Gedenkstät­te. Sie ist Hoffnungst­räger für das Schloss.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Aktuell ohne Betreiber: Schloss Freienwald­e

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