Kölner Kater wegen Rassismusdebatte
Lob für Prävention gegen Übergriffe, Kritik an Verwendung des Begriffs »Nafris«
Die Silvesternacht in Köln blieb in diesem Jahr ohne massenhafte kriminelle Begleiterscheinungen. Aber nicht ohne Ärger. Der Vorwurf lautet, die Polizei habe sich rassistisch verhalten. In die Erfolgsmeldungen mischten sich bald kritische Töne. Die Silvesterfeier an der Kölner Domplatte, wo im Jahr zuvor massenhafte sexuelle Belästigungen und Diebstähle für Entsetzen sorgten, war diesmal weitgehend ohne derartige Zwischenfälle geblieben. Jedoch ist die Bilanz nicht makellos. Denn wie auch der ndKorrespondent aus der Nacht zum Sonntag berichtete, hatte die Polizei Hunderte junge Männer zu Kontrollen separiert, offenbar allein wegen ihres Aussehens. Ein Twitter-Eintrag der Polizei bietet dem Rassismusvorwurf Nahrung. Am Hauptbahnhof würden »mehrere Hundert Nafris überprüft«.
»Nafris« steht für die Gruppe mutmaßlicher nordafrikanischer Täter; Nordafrikaner waren es, die vor allem für die Übergriffe in der Silvesternacht 2015 in Köln und anderen Städten verantwortlich gemacht werden. Der Fachbegriff für Polizeikontrollen allein wegen eines fremdländischen Äußeren heißt »Racial profiling«, und er ist es, der nun in der Kritik der Grünen-Vorsitzenden Simone Peter mitschwingt, die am Montag die »Verhältnis- und Rechtmäßigkeit« des Einsatzes in Frage stellte, weil »insgesamt knapp tausend Personen allein aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden«. Als »völlig inakzeptabel« bezeichnete Peter die »herabwürdigende Gruppenbezeichnungen Nafris«. Frank Tempel, Vizefraktionsvorsitzender der LINKEN im Bundestag und ausgebildeter Polizist, schloss sich nach einem Lob für den »grundsätzlich erfolgreichen Einsatz« der Polizei dieser Kritik an. Mit dem Stigma, »dass nordafrikanische junge Männer potenzielle Gefährder sind und also einer Sonderbehandlung bedürfen«, sei die Schwelle zum rassistisch motivierten Handeln überschritten.
»Leider wird die gute Polizeiarbeit heute durch die Diskussion um einen Tweet der Polizei überlagert.« Polizeipräsident Mathies
Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies wies jeden Verdacht eines rassistischen Vorgehens zurück, bedauerte aber die Verwendung des Begriffs »Nafris«, den er »sehr unglücklich verwendet« fand, »hier in der Situation«. Die Bezeichnung werde als »Arbeitsbegriff« der Polizei verwendet, erläuterte Mathies.
Den Begriff fand der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka zwar »nicht originell«, aber er tauge auch nicht für eine »tagelange Empörung«. Die Polizei habe »mit Konsequenz« Vorfälle wie vor einem Jahr verhindert, so der Bundestagsabgeordnete. Aus CDU und CSU wurde Kritik an der Polizei ärgerlich zurückgewiesen und durch Lob ersetzt. Und auch bei den Grünen war solches zu hören. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wies die Kritik ihrer Vorsitzenden zurück – schnell und präventiv zu reagieren, sei richtig gewesen. Es sei besorgniserregend, wenn erneut verabredete Gruppen aggressiv aufgetreten seien. Das hatte die Polizei zur Begründung ihres Handelns angeführt: Die Bundespolizei habe bereits aus den Zügen aggressives Verhalten der anreisenden Männergruppen signalisiert. Am Abend meldete sich auch Peter nochmals: »Es war richtig, hier schnell und präventiv zu reagieren.«