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Triste Kindheit

UNICEF: Mehr tun für Flüchtling­skinder in Deutschlan­d

- Dpa/nd

Rund 300 000 Flüchtling­skinder sind binnen zwei Jahren nach Deutschlan­d gekommen. Die Realität für viele laut UNICEF: keine Kita, Warten auf Unterricht, Ausharren in Sammelunte­rkünften. Köln. Flüchtling­skinder leben trotz großer Anstrengun­gen von Bund, Ländern, Kommunen und vielen ehrenamtli­chen Helfern oft in desolaten Umständen. »Ihre besonderen Bedürfniss­e und ihre Rechte als Kinder werden leider immer wieder übersehen«, kritisiert­e der Geschäftsf­ührer von UNICEF Deutschlan­d, Christian Schneider.

Viele Mädchen und Jungen müssten über lange Monate hinweg in großen Gemeinscha­ftsunterkü­nften leben. Dort seien sie häufig nicht ausreichen­d vor Gewalt und Missbrauch geschützt, hätten kaum Zu- gang zu Spiel- und Lernangebo­ten oder psychologi­scher Unterstütz­ung. »Es ist eine Kindheit im Wartestand, mit wenig Privatsphä­re, mit vielen Gefahren und großer Tristesse«, so Schneider.

Familienge­rechte Unterbring­ung und besserer Kinderschu­tz müssten Vorrang erhalten. Rund 300 000 Kinder und Jugendlich­e seien in den vergangene­n zwei Jahren als Flüchtling­e gekommen. »Sie alle sind zunächst einmal nicht Migranten, Asylbewerb­er, Flüchtling­e, sondern Kinder«, betonte Schneider. Sie bräuchten »besonders dringend Schutz, Betreuung und das Gefühl, endlich in Sicherheit zu sein.« In der Bevölkerun­g sei die Hilfsberei­tschaft weiter groß. Aber zugleich nähmen Ängste, Unsicherhe­iten und Vorbehalte gegenüber den Flüchtling­en zu »oder werden geschürt«.

Bei der Bildung »als Schlüssel zur Integratio­n« forderte der Geschäftsf­ührer von UNICEF Deutschlan­d Verbesseru­ngen. »Nur sehr wenige Flüchtling­skinder haben Zugang zu einem Kitaplatz.« Beim Schulunter­richt sei die Lage deutschlan­dweit unterschie­dlich. In manchen Bundesländ­ern – so auch Nordrhein-Westfalen mit den meisten Flüchtling­skindern – beginne die Schulpflic­ht spät, mit dem Verlassen der Landesaufn­ahmeeinric­htung und der Zuweisung an eine Kommune.

Da es gerade in NRW Defizite bei der Unterbring­ung von Familien mit Kindern gebe – forciert noch durch den Wohnungsma­ngel in Großstädte­n wie Köln – verlängere sich aber der Aufenthalt vieler Kinder in größeren Landesunte­rkünften »auf unbestimmt­e Zeit«. Und: Jugendlich­e und junge Erwachsene, die durch Krieg und Flucht schon auf Schuljahre verzichten mussten, bekommen UNICEF zufolge häufig gar keinen Schulplatz mehr in Deutschlan­d. Sie drohten »endgültig abgehängt zu werden«. Die medizinisc­he Versorgung geflüchtet­er Kinder sei auf das Nötigste beschränkt und mit viel Bürokratie verbunden – allerdings mit regionalen Unterschie­den.

Weltweit seien Kinder heute in einem schlimmere­n Ausmaß als jemals zuvor von Gewalt und humanitäre­n Krisen betroffen. Rund 50 Millionen Kinder hätten ihre Heimat verlassen, davon seien 28 Millionen derzeit auf der Flucht. Für ein Minimum an Sicherheit und Stabilität müssten sie »zuallerers­t als Kinder behandelt werden – ganz gleich, welchen rechtliche­n Status sie haben«, verlangte der Geschäftsf­ührer.

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