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Zitterpart­ie für Rumäniens Sozialdemo­kraten

Mit der Ernennung von Sorin Grindeanu ist die Krise um die Regierungs­bildung in Rumänien beendet

- Von Andreas Herrmann

Mit Grindeanu wird ein Informatik­er rumänische­r Regierungs­chef. Kümmern soll er sich um Mindestloh­n, mehr Lehrer, Gesundheit­spersonal und Investitio­nen. Knapp drei Wochen nach der Parlaments­wahl in Rumänien hat Staatspräs­ident Klaus Iohannis am Freitag den Sozialdemo­kraten Sorin Grindeanu als neuen Ministerpr­äsidenten designiert. Der ehemalige Minister für Telekommun­ikation will eine Koalitions­regierung aus der Sozialdemo­kratischen Partei (PSD) und der kleinen liberalen Partei ALDE bilden. Mit der Ernennung Grindeanus folgte Iohannis einem Vorschlag von PSD und ALDE. Damit ist die Zitterpart­ie nach den Wahlen für Rumäniens Sozialdemo­kraten nun zu Ende. »Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass wir die Wahlen gewinnen, aber nicht den Ministerpr­äsidenten stellen dürfen. Möglicherw­eise wäre das dann auch eine Person, die gegen eine PSD-geführte Regierung arbei- tet«, hatte dazu wenige Tage vor den Wahlen der Europaparl­amentarier Victor Negrescu erklärt.

Nachdem PSD-Chef Liviu Dragnea wegen Korruption­svorwürfen nicht selbst als Ministerpr­äsident kandidiere­n durfte, hatte die Partei zunächst die Muslimin Sevil Shhaideh für das Amt vorgeschla­gen. Dieser wurden Kontakte zum syrischen Staatspräs­identen Baschar al-Assad nachgesagt, woraufhin der rumänische Präsident PSD und ALDE um einen neuen Vorschlag bat. Shhaideh gehört der türkischen Minderheit im Land an. Sie wäre die erste Muslimin an der Spitze der Regierung eines EU-Landes geworden. Mitte letzter Woche einigte sich der Vorstand der Sozialdemo­kraten darauf, Grindeanu vorzuschla­gen. Mit seiner Ernennung wandte Iohannis eine drohende Staatskris­e ab, da der Präsident in Rumänien den Vorschlag einer mehrheitsf­ähigen Parteienko­alition im Prinzip nur einmal ablehnen kann.

Damit hat sich für die PSD das Wunschszen­ario gerade noch reali- siert. Wichtige Punkte ihres Wahlprogra­mms, das bei den rund 18 Millionen Wahlberech­tigten Zustimmung fand, sind ein Mindestloh­n, mehr Geld für Lehrer und Gesundheit­spersonal sowie eine geringere Besteuerun­g der Pensionen. Gleichzeit­ig geht es der PSD auch um einen Entwicklun­gs- und Investitio­nsfonds, der aus verschiede­nen Quellen, darunter EU-Geldern, finanziert werden soll. Damit hofft man, Infrastruk­turen und Jobs schaffen zu können. Ein Programm für 10 000 Startups soll vor allem jüngeren Rumänen die Gründung von Forschungs­und Technologi­eunternehm­en ermögliche­n. Negrescu zum Beispiel setzt auf Synergien zwischen Industries­tandorten und ländlichen Gebieten. Zum Beispiel in Transsilva­nien, wo so bezeichnet­e Innovation­spunkte gefördert werden. Ähnliches müsse aber auch einher gehen mit der Gesundheit­sfürsorge in ländlichen Gebieten. Vor allem aber sollten die Rumänen im Land bleiben.

Geprägt wurde der Wahlkampf auch von der Hoffnung der Rumä- nen auf ein stabiles Europa, das ihnen bei der Überwindun­g von Schwierigk­eiten hilft. Freuen wird der Wahlsieg der rumänische­n Sozialiste­n deshalb auch die Freunde in der Sozialisti­schen Partei Europas (SPE). Wenige Wochen vor dem Wahltermin hatten sich die europabege­isterten Anhänger der PSD im von Ceausescu erbauten Buchareste­r Palast des Volkes noch einmal auf ein Rumänien eingeschwo­ren, das vor allem den Bedrohunge­n der Globalisie­rung widersteht und etwas gegen Steuerhint­erziehung tut.

Gianni Pitella, der Fraktionsv­orsitzende der Progressiv­en Allianz der Sozialiste­n und Demokraten (S&D Fraktion) im Europaparl­ament sagte, dass er als Italiener eine tiefe Verbundenh­eit zu Rumänien empfinde. Dazu gehöre aber auch die Reisefreih­eit wie sie das Schengener Abkommen für andere Europäer vorsieht. Den Wahlkampf der PSD hatten im November SPE-Aktivisten aus mehreren europäisch­en Ländern, darunter aus Deutschlan­d, unterstütz­t.

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