Zitterpartie für Rumäniens Sozialdemokraten
Mit der Ernennung von Sorin Grindeanu ist die Krise um die Regierungsbildung in Rumänien beendet
Mit Grindeanu wird ein Informatiker rumänischer Regierungschef. Kümmern soll er sich um Mindestlohn, mehr Lehrer, Gesundheitspersonal und Investitionen. Knapp drei Wochen nach der Parlamentswahl in Rumänien hat Staatspräsident Klaus Iohannis am Freitag den Sozialdemokraten Sorin Grindeanu als neuen Ministerpräsidenten designiert. Der ehemalige Minister für Telekommunikation will eine Koalitionsregierung aus der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der kleinen liberalen Partei ALDE bilden. Mit der Ernennung Grindeanus folgte Iohannis einem Vorschlag von PSD und ALDE. Damit ist die Zitterpartie nach den Wahlen für Rumäniens Sozialdemokraten nun zu Ende. »Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass wir die Wahlen gewinnen, aber nicht den Ministerpräsidenten stellen dürfen. Möglicherweise wäre das dann auch eine Person, die gegen eine PSD-geführte Regierung arbei- tet«, hatte dazu wenige Tage vor den Wahlen der Europaparlamentarier Victor Negrescu erklärt.
Nachdem PSD-Chef Liviu Dragnea wegen Korruptionsvorwürfen nicht selbst als Ministerpräsident kandidieren durfte, hatte die Partei zunächst die Muslimin Sevil Shhaideh für das Amt vorgeschlagen. Dieser wurden Kontakte zum syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad nachgesagt, woraufhin der rumänische Präsident PSD und ALDE um einen neuen Vorschlag bat. Shhaideh gehört der türkischen Minderheit im Land an. Sie wäre die erste Muslimin an der Spitze der Regierung eines EU-Landes geworden. Mitte letzter Woche einigte sich der Vorstand der Sozialdemokraten darauf, Grindeanu vorzuschlagen. Mit seiner Ernennung wandte Iohannis eine drohende Staatskrise ab, da der Präsident in Rumänien den Vorschlag einer mehrheitsfähigen Parteienkoalition im Prinzip nur einmal ablehnen kann.
Damit hat sich für die PSD das Wunschszenario gerade noch reali- siert. Wichtige Punkte ihres Wahlprogramms, das bei den rund 18 Millionen Wahlberechtigten Zustimmung fand, sind ein Mindestlohn, mehr Geld für Lehrer und Gesundheitspersonal sowie eine geringere Besteuerung der Pensionen. Gleichzeitig geht es der PSD auch um einen Entwicklungs- und Investitionsfonds, der aus verschiedenen Quellen, darunter EU-Geldern, finanziert werden soll. Damit hofft man, Infrastrukturen und Jobs schaffen zu können. Ein Programm für 10 000 Startups soll vor allem jüngeren Rumänen die Gründung von Forschungsund Technologieunternehmen ermöglichen. Negrescu zum Beispiel setzt auf Synergien zwischen Industriestandorten und ländlichen Gebieten. Zum Beispiel in Transsilvanien, wo so bezeichnete Innovationspunkte gefördert werden. Ähnliches müsse aber auch einher gehen mit der Gesundheitsfürsorge in ländlichen Gebieten. Vor allem aber sollten die Rumänen im Land bleiben.
Geprägt wurde der Wahlkampf auch von der Hoffnung der Rumä- nen auf ein stabiles Europa, das ihnen bei der Überwindung von Schwierigkeiten hilft. Freuen wird der Wahlsieg der rumänischen Sozialisten deshalb auch die Freunde in der Sozialistischen Partei Europas (SPE). Wenige Wochen vor dem Wahltermin hatten sich die europabegeisterten Anhänger der PSD im von Ceausescu erbauten Bucharester Palast des Volkes noch einmal auf ein Rumänien eingeschworen, das vor allem den Bedrohungen der Globalisierung widersteht und etwas gegen Steuerhinterziehung tut.
Gianni Pitella, der Fraktionsvorsitzende der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D Fraktion) im Europaparlament sagte, dass er als Italiener eine tiefe Verbundenheit zu Rumänien empfinde. Dazu gehöre aber auch die Reisefreiheit wie sie das Schengener Abkommen für andere Europäer vorsieht. Den Wahlkampf der PSD hatten im November SPE-Aktivisten aus mehreren europäischen Ländern, darunter aus Deutschland, unterstützt.