Knapp daneben ist auch vorbei
Martin Ling über die deutsche G20-Präsidentschaft und Afrika
»Die Welt steht am Scheideweg. Schaffen wir es nicht, die Globalisierung gerecht zu gestalten, werden Konflikte und Krisen nicht weniger, sondern mehr. Lösen wir die globalen Herausforderungen nicht gemeinsam, werden noch mehr Menschen vor Hunger, Armut, Kriegen oder dem Klimawandel aus ihren Heimatländern fliehen.«
Diese Worte entstammen nicht der Neujahrsansprache von Papst Franziskus. Es ist die Richtschnur, die der Herz-Jesu-Sozialist Gerd Müller dem von ihm geführten Entwicklungsministerium (BMZ) im Jahr der deutschen G20-Präsidentschaft vorgegeben hat, die im Juli im Hamburger Gipfel mündet, aber schon im April und Juni mit zwei G20-Konferenzen zur ländlichen Entwicklung in Afrika Weichen stellen könnte.
Was das BMZ will, hört sich wie so oft gut an: In Afrika sollen bessere Investitionsbedingungen geschaffen werden, um nachhaltiges Wachstum auf den Weg zu bringen. Beides ist vonnöten, zehn Millionen junge Afrikaner drängen Jahr für Jahr auf den Arbeitsmarkt – nur ein Bruchteil findet Aufnahme, selbst unter Akademikern unter zehn Prozent.
Dass das BMZ der ländlichen Entwicklung ein starkes Augenmerk widmet, ist überfällig, denn trotz Landflucht lebt noch über die Hälfte der 1,1 Milliarden Afrikaner auf dem Land. Sie brauchen dort Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven. Doch die wird es allen Ansätzen vom BMZ zum Trotz nicht geben, solange in der EU-Handelspolitik weiter massiv auf Agrarexporte gesetzt wird, die auch in Afrika Beschäftigung zerstören und eine ländliche Entwicklung verhindern. Darüber schweigt Gerd Müller. Über eine Weichenstellung pro Afrika in der Handelspolitik wird nicht einmal diskutiert.