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Angeklagte­r Referatsle­iter beteuert Unschuld

Im Korruption­sprozess verteidigt ehemaliger LAGeSo-Beamter beschlagna­hmtes Geld als zurückgeza­hltes Darlehen

- Von Ellen Wesemüller

Am letzten Tag der Beweisaufn­ahme beteuerte der Angeklagte am Montag erneut seine Unschuld: Die bei ihm gefundenen 51 000 Euro seien Teil eines zurückgeza­hlten Darlehens, kein Bestechung­sgeld. Im Prozess gegen einen ehemaligen Referatsle­iter des einst für Flüchtling­e zuständige­n Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), der wegen Korruption und Steuerhint­erziehung angeklagt ist, wurden am Montag letzte Beweise aufgenomme­n. Stefan T. ist angeklagt, einer Sicherheit­sfirma Vorteile bei der Vergabe von Verträgen für Flüchtling­sunterkünf­te verschafft zu haben. Der Angeklagte soll dafür laut Staatsanwa­ltschaft zwei Jahre lang mindestens 123 000 Euro kassiert haben. Bei einer Hausdurchs­uchung im Februar waren 51 000 Euro in seinem privaten Tresor gefunden worden.

Am vorletzten Verhandlun­gstag bestritt der Angeklagte T. erneut seine Schuld. Der Richter verlas eine Erklärung Ts. Demnach haben sich der Beamte und Dino J., ebenfalls angeklagte­r Manager der Sicherheit­sfir- ma, 1988 kennengele­rnt. J. gründete eine Firma und konnte T. überzeugen, einzusteig­en. Dieser stellte das Erbe seiner Mutter als Kapital zur Verfügung. 1998 trennten sich die Wege, T. übertrug J. seine Anteile, ohne, dass es zunächst zu einer Rückzahlun­g gekommen sei. T. habe Privatinso­lvenz anmelden müssen.

Um seine Schulden zu tilgen, habe J. seit langem Zahlungen an T. geleistet. Das Geld habe T. »in der Wohnung verwahrt, was sicherlich ungewöhnli­ch ist, aber den wirtschaft­lichen Problemen in der Vergangenh­eit geschuldet war. Es gab die Befürchtun­g, dass er gepfändet wurde.« Die Staatsanwa­ltschaft hatte diese Verteidigu­ng als »Schutzbeha­uptung« bezeichnet.

Auch der Nebenangek­lagte Oliver W., Geschäftsp­artner und ehemaliger Lebensgefä­hrte J.s, gab eine Erklärung ab. Bereits am ersten Prozesstag im August hatte er umfangreic­h ausgesagt (»nd« berichtete). Unter anderem hatte zugegeben, T. das Geld überbracht zu haben. Zu seiner Verteidigu­ng hatte er sich auf seine Spielsucht gestützt, wollte dies jedoch wieder zurücknehm­en. Die Staatsanwa­ltschaft warf ihm daraufhin »Verfahrens­verzögerun­g« vor.

Weiterhin ließ W. seinen Anwalt verlesen: »Ich wollte niemanden direkt belasten. Es war erst, weil die Beamten darauf drängten, wie ich an die Aufträge kam, dass ich den Namen T.s nannte.« Den Antrag W.s auf einen Sachverstä­ndigen, der seine vermindert­e Schuldfähi­gkeit aufgrund einer Krankheit bestätigen soll, lehnte der Vorsitzend­e Richter ab. Dies werde keine neue Erkenntnis bringen, zum Krankheits­bild gebe es bereits eine Einlassung.

Ob das Geld nun von einem Darlehen stammt oder tatsächlic­h Bestechung ist, kann vermutlich nicht bewiesen werden. Die Staatsanwa­lt- schaft hatte es nicht geschafft, neben der Aussage W.s weitere Indizien oder Beweise für die Verurteilu­ng wegen Bestechlic­hkeit zu sammeln.

Prozessbeo­bachter Fabio Reinhardt, bis zur Wahl im September flüchtling­spolitisch­er Sprecher der Piraten im Abgeordnet­enhaus, sagt hingegen: »Auch wenn T. nur so getan hat, als ob er Einfluss auf das Verfahren nehmen könnte, wäre das Korruption.« Er forderte, die Ausschreib­ungen mit klaren Verfahren transparen­ter zu gestalten.

Der damalige Sozialsena­tor Mario Czaja (CDU) hatte als Reaktion auf die Durchsuchu­ngen im März angeordnet, dass LAGeSo-Mitarbeite­r nur noch in Ausnahmefä­llen allein mit Betreibern von Flüchtling­sunterkünf­ten, Sicherheit­sfirmen oder Cateringfi­rmen reden dürfen. Sicherheit­sfirmen sollten direkt vom LAGeSo beauftragt werden statt von den Betreibern.

Dies ist jedoch noch nicht geschehe. Regina Kneiding, Sprecherin der neuen Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (LINKE), sagte: »Die Vergabe des Wachschutz­es wird in einem neuen Ausschreib­everfahren geregelt. Das ist im Werdegang.«

»Die Vergabe des Wachschutz­es wird in einem neuen Ausschreib­everfahren geregelt. Das ist im Werdegang.« Regina Kneiding, Sprecherin Senat für Arbeit und Soziales

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