Pfeifen im Bayerischen Wald
Trotz schwächelnder CSU ist die Opposition chancenlos
München. Es gab Zeiten in der jüngeren Vergangenheit, da durften SPD und Grüne in Bayern noch träumen: Die seit Jahrzehnten übermächtige CSU in die Opposition zu schicken – vor der Landtagswahl 2013 war dieses Ziel zeitweise greifbar nah. Eine Dreierkoalition mit den Freien Wählern gegen die CSU schien möglich.
Zu Beginn des Bundestagswahljahres und eindreiviertel Jahre vor der Landtagswahl aber ist die Lage eine völlig andere: Die CSU muss zwar um den Verlust ihrer absoluten Mehrheit bangen. Doch weil allen derzeitigen Umfragen zufolge mit der AfD mindestens eine weitere Partei in den Landtag einziehen könnte, ist eine Mehrheit gegen die CSU (und ohne AfD) ausgeschlossen. Und die Freien Wähler, die haben sich der CSU nun als Partner angeboten.
Wie bewerten die Fraktionsvorsitzenden der drei Oppositionsfraktionen die Lage? SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher beklagt unter anderem ein »demokratieschädliches Erstarken« des Rechtspopulismus auch in Bayern – und macht dafür die CSU mitverantwortlich: »Da muss ich der CSU den Vorwurf machen, dass die CSU – angeblich um sie klein zu halten – die AfD dauernd kopiert, ihr vorauseilt oder hinterherläuft«, kritisiert er. Zudem sorge die CSU für ein immer stärkeres Auseinanderdriften von Rechts und Links, etwa durch die Warnungen vor einer »Linksfront«.
Rinderspacher und die SPD wollen nun den Platz besetzen, den die CSU in der Mitte frei mache. Er setzt auch auf kirchliches Klientel, das nach dem »Rechtsruck« der CSU dort keine Heimat mehr finde. Die Freien Wähler kritisiert er als »CSU light oder CSU XXL – je nachdem, wie es ihnen gerade in den Kram passt«. Eine Oppositions-Zusammenarbeit gibt es quasi nur noch mit den Grünen. Und die schlechten Umfragewerte? »Ich glaube, dass wir in den Wahlkämpfen 2017 und 2018 einen Sprung nach vorne machen können«, sagt Rinderspacher und verweist auf Regierungserfolge der SPD in Berlin, aber auch auf die Politik in Bayern. Hier habe die SPD vieles voranbringen können, etwa in Sachen Gymnasium oder im Bereich Verbraucherschutz.
Hubert Aiwanger, der FreieWähler-Fraktionschef, hat nun schon wiederholt das Ziel ausgegeben, 2018 zusammen mit der CSU zu regieren – wenn auch nicht um jeden Preis. In vielen Bereichen wirft er der CSU nämlich »politisches Versagen« vor – und Aktionismus, ohne dass dann viel passiere. So gebe es im Freistaat weiter zu wenige Asylrichter. Als Streitpunkte nennt er zudem die Zukunft des Gymnasiums, den zu langsamen Breitband-Ausbau und den Bau neuer Stromtrassen. Aiwanger kündigt an, die Freien Wähler im zunehmenden LinksRechts-Streit als seriöse Mitte positionieren und mit Sachpolitik punkten zu wollen.
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann klagt, das politische Klima sei in den vergangenen Monaten rauer geworden. Der CSU wirft er Orientierungslosigkeit vor, zudem seien Seehofer & Co. immer weiter nach rechts gerückt. Die Grünen wollen nach Hartmanns Worten Kurs halten und in der Mitte der Gesellschaft punkten. »Insgesamt stehen wir trotz eines sehr schwierigen Jahres 2016 ganz stabil da«, sagt er. Die Partei müsse aber noch klarer machen, wofür sie kämpfe – und warum es sich lohne, dafür zu kämpfen: Weltoffenheit, Vielfalt, eine moderne Demokratie, eine liberale Gesellschaft, Menschenrechte. Hartmann nennt auch weitere klassisch grüne Themen wie die Energiewende oder den Kampf gegen den Flächenfraß und das Zubetonieren der Landschaft. An irgendwelchen Koalitionsspekulationen will er sich nicht beteiligen.