Die LINKE muss eine klare Haltung zeigen
Zu »Macht oder Ohnmacht der LINKEN«, 27.12., S. 18
Für Wulf Gallert scheint wohl der Magdeburger Parteitag mit seinem politischen Postulat in Sachen rotrot-grün und die krachende Wahlniederlage in Sachsen Anhalt, für die er die Verantwortung trägt, gar nicht mehr zu existieren.
Die von ihm vorgetragenen politischen Koalitionszwänge, wenn die LINKE einen Rechtsruck in Deutschland verhindern will, sind an Träumerei und Schlichtheit kaum zu übertreffen. Sein Versuch in dieser Sache ist im Frühjahr mehr als krachend im eigenen Bundesland gescheitert. Nun will er das Ganze in den Bundestagswahlkampf tragen und wirft Andersdenkenden Verzagtheit vor. Wenn er zu Recht einem Teil der sozialdemokratischen und grünen Basis Widerstandswillen gegen das Freihandelsabkommen u. a. gesellschaftliche soziale Verwerfungen zugesteht, so verkennt er den Unmut und Unwillen deren Parteispitzen für ein linkes parteipolitisches Bündnis, wenn es nicht ihren Interessen dient. Jüngste Beispiele sind die Zustimmung der Verlängerung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, der Verteidigung von TTIP und die Wahlabsichten bei RotGrün in Sachen Bundespräsident.
Die LINKE muss aufrecht und mit klaren sowie eigenständigen Positionen in den Bundestagswahl gehen und muss glaubhaft eine gesellschaftlich relevante Alternative für Frieden und soziale Gerechtigkeit verkörpern. Sie muss Willens und in der Lage sein, die Machtfrage mit unverrückbaren politischen Zielen für die Menschen zu stellen, die deren Lebensverhältnisse verbessern. Dies wäre auch eine taugliche und eindeutige Kampfansage gegen rechte Populisten. Raimon Brete, Chemnitz Wulf Gallerts Ansichten und Argumente für eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene sind gewiss nicht von der Hand zu weisen, jedoch ist die Tatsache, dass viele Menschen überhaupt keine Wahlal- ternative sehen, weil alle Parteien immer nur mitmachen und keine wirkliche Möglichkeit darstellen, gravierender. Angesichts der sich verändernden Verhältnisse zugunsten des Monopolkapitals in der ganzen Welt soll die LINKE weiter machen wie bisher und von diesen partizipieren? Das wird nicht funktionieren! Die Verhältnisse müssen umgekehrt werden – das ist der Auftrag der LINKEN. Uwe Pole, Kletzin Wulf Gallert geht in seiner Argumentation leider nicht auf die fundierten Überlegungen Raul Zeliks ein, die im »nd« vom 8./9. Oktober unter dem Titel »Macht, Gegenmacht!« erschienen. Zelik argumentiert da, »dass Mitte-Links-Regierungen in den vergangenen 30 Jahren nirgends in Europa linke Reformpolitik gemacht haben. Im Gegenteil – sie haben die Gesellschaft in wichtigen Fragen nach rechts verschoben. Das stimmt nicht nur für die rot-grüne Koalition in Deutschland (Jugoslawienkrieg, Agenda 2010, Hartz IV), ... das stimmt auch für Spanien, Frankreich, Griechenland.« Und woran liegt das? Zeliks Antwort: »Es liegt vor allem an den Kräfteverhältnissen. In bürgerlichen Gesellschaften ist Macht eben nicht in erster Linie im politischen Apparat angesiedelt, sondern in den Eigentumsverhältnissen.« Weiter sagt Zelik: »Eine linke Politik, die wider besseren Wissens Illusionen in Regierungsmacht weckt, befeuert hingegen die Frustration und wird den gesellschaftlichen Rechtsruck damit nur noch weiter verstärken. Und aus diesem Grund halte ich die These von Gregor Gysi, Bodo Ramelow, Matthias Höhn und Klaus Lederer, man sollte durch rot-rot-grün Hoffnung stiften, für falsch. Das politische Versprechen muss auch etwas mit der Realität zu tun haben.«
Im Gegensatz dazu spricht sich Wulf Gallert für eine rot-rot-grüne Koalition auf Bundesebene aus, weil »der wichtigste Fakt, der uns zu einer Kooperationsfähigkeit von Linkspartei, SPD und Grünen zwingt, der radikale Rechtsruck in unserer Gesellschaft ist. Kommt es zu einer Mehrheit zwischen Konservativen und der neuen Rechten bei der Bundestagswahl, könnten die zivilisatorischen Grundlagen unserer Gesellschaft in Dimensionen angegriffen werden, wie wir uns das heute kaum vorstellen können.« Diese Aussicht ist zu bedenken und zu prüfen.
Aber angenommen, die LINKE wird 2017 tatsächlich Teil der Regierung, dann wäre der Anpassungsdruck so groß, dass die angestrebte sozialökologische Umgestaltung auf der Strecke bliebe. Ich meine, Michael Bries Warnung, »die LINKE würde ihren Gebrauchswert verlieren, auseinanderbrechen oder marginalisiert werden und zugleich die Rechten damit stärken«, ist sehr ernst zu nehmen. Rudi Groth, Berlin