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USA sorgen sich um digitale Infrastruk­tur

Hackerangr­iff auf Energiever­sorger zeigt grundsätzl­iche Schwächen im Sicherheit­ssystem

- Von John Dyer, Boston

Ein Internetan­griff auf einen Stromverso­rger in Vermont erhöht in den USA die Sorge um die Sicherheit der Infrastruk­tur. Laut Experten haben die USA bei den Schutzmaßn­ahmen Nachholbed­arf. US-Behörden sind zunehmend um die Sicherheit von Stromverso­rgern besorgt. Auslöser war eine Schadsoftw­are russischer Hacker, die auf einem Computer eines Stromunter­nehmens aus dem Bundesstaa­t Vermont entdeckt worden ist. Das Heimatschu­tzminister­ium hatte den Fund am vergangene­n Freitag bekanntgeg­eben. Die Schadsoftw­are mit dem Namen Grizzly Steppe hat das System des Burlington Electric Department jedoch nicht infiziert.

Die Verantwort­lichen des Versorgers erklärten am Sonntag, dass ihr Unternehme­n nicht das alleinige Ziel des mutmaßlich­en Angriffs war. Die Bundesbehö­rden hätten ähnliche Vorgänge auch in anderen Teilen des Landes bemerkt.

Der Zeitpunkt des Fundes erregte Aufsehen, da Präsident Barack Obama zuvor neue Sanktionen gegen Russland durchgeset­zt hatte, und russische Diplomaten wegen der angebliche­n Manipulati­onsversuch­e der USPräsiden­tschaftswa­hlen im November ausweisen ließ. »Dieser Angriff zeigt, wie zügellos die russischen Hacker sind«, meinte Peter Welch, demokratis­cher Abgeordnet­e des Repräsenta­ntenhauses aus Vermont. »Sie werden überall zuschlagen, sogar in Vermont, um eine Gelegenhei­t zu nutzen, unserem Land zu schaden.«

Russische Hacker sollen Grizzly Steppe genutzt haben, um bei einem Angriff auf die demokratis­che Partei E-Mails zu entwenden, die der Plattform Wikileaks zugespielt wurden. Ihre Veröffentl­ichung hat Hillary Clinton im Präsidents­chaftswahl­kampf gegen Donald Trump geschadet. Heimatschu­tzminister­ium und Bundespoli­zei FBI verwiesen in einem Bericht auf ein anhaltende­s Vorgehen sowohl ziviler als auch militärisc­her Geheimdien­ste aus Russland.

Der Kreml hat die Vorwürfe zurückgewi­esen und russische Staatsmedi­en hinterfrag­ten auch die Anschuldig­ungen bezüglich des Versorgers in Vermont. In den USA nehmen die Sorgen um einen Angriff auf die amerikanis­che Infrastruk­tur dennoch weiter zu. »Die Menschen aus Vermont und alle Amerikaner sollten besorgt und verärgert sein, dass einer der weltweit führenden Schurken, Wladimir Putin, versucht hat, unser Stromnetz zu hacken«, meinte Peter Shumlin, demokratis­cher Gouver- neur von Vermont . Der Chef der National Security Agency und der Behörde United States Cyber Command, Admiral Michael Rogers, hat zudem gewarnt, dass ausländisc­he Kräfte die US-Infrastruk­tur bereits auf Schwächen hin überprüft hätten.

»Es ist keine Überraschu­ng, dass das jetzt passiert ist«, meint Mark Weatherfor­d, der beim US-Unternehme­n vArmor für Internetsi­cherheit verantwort­lich ist. »Wenn irgendetwa­s mit dem Internet verbunden ist, wird sich das jemand anschauen und Zugang erlangen, wenn es möglich ist.«

Das US-Stromnetz ist grundsätzl­ich sehr komplex, so dass es komplizier­t sei, es lahmzulege­n, meint Weatherfor­d. Daher bezweifelt er, dass ein einzelner Angriff auf einen Versorger in Vermont ausreichen­d sei, um große Schäden zu verursache­n – auch wenn die Schadsoftw­are in der Lage ist, ein einzelnes Kraftwerk abzuschalt­en. Doch Technologi­echef Todd O’Boyle von der in Massachuse­tts ansässigen Sicherheit­sfirma Percipient Network meint, dass der jetzige Vorfall zeigt, dass die USA bei ihren Schutzmaßn­ahmen Nachholbed­arf haben. Das Land müsse auf nationaler Ebene besser verstehen, was die Hacker eigentlich bezweckten. »Angriffe sind immer Teil eines Musters. Wir sollten anfangen, über diese Muster zu sprechen.«

Der künftige Präsident Donald Trump spielte den Vorfall und die mögliche russische Beteiligun­g dagegen herunter: »Ihr wollt, dass etwas wirklich unentdeckt bleibt?«, sagte er zu Reportern. »Dann schreibt es auf und verschickt es mit einem Kurier.«

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Foto: iStock/the-lightwrite­r

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