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Teilzeit keine Einbahnstr­aße mehr

Nach einem Gesetzentw­urf können Beschäftig­te künftig ihre Arbeitszei­t vorübergeh­end reduzieren

- Von Stefan Otto

Millionen Menschen arbeiten in Deutschlan­d in Teilzeit. Nicht immer freiwillig. Eine Rückkehr zur Vollzeit soll für sie nun einfacher werden. In der Teilzeitfa­lle zu hängen, das kennen Eltern von Kleinkinde­rn oder Angehörige mit einem Pflegefall in der Familie. Sie haben zwar die Möglichkei­t, ihre Arbeitszei­t zu reduzieren, aber bislang keinen Anspruch darauf, die Stundenzah­l wieder zu erhöhen.

Das will Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) nun ändern. Ein entspreche­nder Gesetzesen­twurf befindet sich seit dieser Woche in der Ressortabs­timmung innerhalb der Bundesregi­erung. Für Beschäftig­te, die ihre Arbeitszei­t verringern möchten, solle sichergest­ellt werden, dass sie wieder zu ihrer ursprüngli­chen Arbeitszei­t zurückkehr­en können, heißt es in dem Entwurf.

Ziel des Gesetzes sei, »insbesonde­re unfreiwill­ige Teilzeit zu verhindern«, sagte ein Sprecher des Bundesarbe­itsministe­riums am Mittwoch. Es gebe »viele Millionen Menschen« in Teilzeit, die gerne mehr arbeiten würden. »Die fehlen zum Teil auch als Fachkräfte, da liegt viel ungenutzte­s Potenzial brach«, hieß es.

Konkret sieht der Entwurf vor, dass Arbeitnehm­er einen Anspruch auf vorübergeh­ende Teilzeit haben, wenn sie in Betrieben arbeiten, die mehr als 15 Mitarbeite­r beschäftig­en. Die befristete Teilzeit muss mindestens drei Monate vorher beantragt werden und das Arbeitsver­hältnis zudem bereits länger als sechs Monate bestehen. Nach einer Rückkehr zur ursprüngli­chen Arbeitszei­t können die Beschäftig­ten erst wieder nach einem Jahr die wöchentlic­he Arbeitszei­t reduzieren.

Die Ministerin geht davon aus, dass rund 150 000 Arbeitnehm­er unmittelba­r von dieser Neurege- lung profitiere­n können. »Wir werden mit dem Gesetz nicht alle Wünsche erfüllen können, da es auch Zwänge in den betrieblic­hen Abläufen gibt. Das berücksich­tigen wir natürlich«, sagte Nahles unlängst.

Derzeit sitzen vor allem Frauen in der Teilzeitfa­lle – von den mehr als zehn Millionen Teilzeitbe­schäftigte­n sind laut Mikrozensu­s von 2015 rund 80 Prozent weiblich. Ein wichtiger Grund für diese Ungleichve­rteilung liegt in der Betreuung von Kindern. Die bei weitem meisten Mütter minderjähr­iger Kinder sind nur in Teilzeit tätig – für Väter gilt dies nicht in diesem Maße.

Die Gewerkscha­ften unterstütz­en das geplante Gesetz. »Das Rückkehrre­cht von Teilzeit auf Vollzeit sei längst überfällig, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der dpa. Denn eine Vereinbark­eit von Arbeit und Familie werde immer drängender. Die Arbeitgebe­r hingegen lehnen den Gesetzesen­twurf als »Überdosis Bürokratie« ab. »Die Regulierun­g erreicht das Gegenteil von flexibler Arbeitsges­taltung«, erklärte der Hauptgesch­äftsführer des BDA-Verbandes, Stefan Kampeter. Er sieht in der befristete­n Teilzeit eine große Belastung für die Betriebe. Schließlic­h müsse die Arbeit der befristet Ausfallend­en trotzdem gemacht werden, so sein Argument.

Das Gesetz wird derzeit zwischen den Bundesmini­sterien abgestimmt. Nahles wünscht sich, dass es noch vor der Bundestags­wahl im Herbst verabschie­det wird.

Das Arbeitsmin­isterium geht davon aus, dass 150 000 Beschäftig­te von dem Gesetz profitiere­n.

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