Teilzeit keine Einbahnstraße mehr
Nach einem Gesetzentwurf können Beschäftigte künftig ihre Arbeitszeit vorübergehend reduzieren
Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in Teilzeit. Nicht immer freiwillig. Eine Rückkehr zur Vollzeit soll für sie nun einfacher werden. In der Teilzeitfalle zu hängen, das kennen Eltern von Kleinkindern oder Angehörige mit einem Pflegefall in der Familie. Sie haben zwar die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, aber bislang keinen Anspruch darauf, die Stundenzahl wieder zu erhöhen.
Das will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nun ändern. Ein entsprechender Gesetzesentwurf befindet sich seit dieser Woche in der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit verringern möchten, solle sichergestellt werden, dass sie wieder zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren können, heißt es in dem Entwurf.
Ziel des Gesetzes sei, »insbesondere unfreiwillige Teilzeit zu verhindern«, sagte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums am Mittwoch. Es gebe »viele Millionen Menschen« in Teilzeit, die gerne mehr arbeiten würden. »Die fehlen zum Teil auch als Fachkräfte, da liegt viel ungenutztes Potenzial brach«, hieß es.
Konkret sieht der Entwurf vor, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf vorübergehende Teilzeit haben, wenn sie in Betrieben arbeiten, die mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigen. Die befristete Teilzeit muss mindestens drei Monate vorher beantragt werden und das Arbeitsverhältnis zudem bereits länger als sechs Monate bestehen. Nach einer Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit können die Beschäftigten erst wieder nach einem Jahr die wöchentliche Arbeitszeit reduzieren.
Die Ministerin geht davon aus, dass rund 150 000 Arbeitnehmer unmittelbar von dieser Neurege- lung profitieren können. »Wir werden mit dem Gesetz nicht alle Wünsche erfüllen können, da es auch Zwänge in den betrieblichen Abläufen gibt. Das berücksichtigen wir natürlich«, sagte Nahles unlängst.
Derzeit sitzen vor allem Frauen in der Teilzeitfalle – von den mehr als zehn Millionen Teilzeitbeschäftigten sind laut Mikrozensus von 2015 rund 80 Prozent weiblich. Ein wichtiger Grund für diese Ungleichverteilung liegt in der Betreuung von Kindern. Die bei weitem meisten Mütter minderjähriger Kinder sind nur in Teilzeit tätig – für Väter gilt dies nicht in diesem Maße.
Die Gewerkschaften unterstützen das geplante Gesetz. »Das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit sei längst überfällig, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der dpa. Denn eine Vereinbarkeit von Arbeit und Familie werde immer drängender. Die Arbeitgeber hingegen lehnen den Gesetzesentwurf als »Überdosis Bürokratie« ab. »Die Regulierung erreicht das Gegenteil von flexibler Arbeitsgestaltung«, erklärte der Hauptgeschäftsführer des BDA-Verbandes, Stefan Kampeter. Er sieht in der befristeten Teilzeit eine große Belastung für die Betriebe. Schließlich müsse die Arbeit der befristet Ausfallenden trotzdem gemacht werden, so sein Argument.
Das Gesetz wird derzeit zwischen den Bundesministerien abgestimmt. Nahles wünscht sich, dass es noch vor der Bundestagswahl im Herbst verabschiedet wird.
Das Arbeitsministerium geht davon aus, dass 150 000 Beschäftigte von dem Gesetz profitieren.