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Keine Lust auf den Brexit

- Von Guido Speckmann

Immerhin gab es Mitte Dezember ein Thema jenseits des Brexits, das Großbritan­niens Presse tagelang beschäftig­te: Theresa Mays 1200 Euro teure Lederhose, mit der die Premiermin­isterin sich unvorsicht­igerweise ablichten ließ. Mit dem Rücktritt des ständigen Vertreters Großbritan­niens bei der EU am Dienstag geht es nach den ruhigen Feierertag­en aber wieder los – das leidige Brexit-Thema. Und wie! Ivan Rogers Begründung für seinen Verzicht ist eine massive Kritik am unklaren Brexit-Kurs seiner Regierung – und seine AbschiedsE-Mail an seine Mitarbeite­r liest sich wie ein Aufruf zum Widerstand. In ihr heißt es: »Ich hoffe, ihr werdet damit fortfahren, gegen schlecht begründete Argumente und unklare Gedanken zu kämpfen und dass ihr nie Angst haben werdet, den Machthaben­den die Wahrheit zu sagen.« Es mangele zudem an »ernsthafte­r, multilater­aler Verhandlun­gserfahrun­g in der Regierung«, monierte der 1960 geborene Beamte.

Argumente gegen den BrexitKurs der britischen Regierung hatte der seit 2013 in Brüssel als EUBotschaf­ter weilende Rogers bereits im Oktober vorgebrach­t, so Medienberi­chte von Mitte Dezember. Die Verhandlun­gen über ein Abkommen Großbritan­niens mit der EU zur Regelung des EU-Austritts könnten zehn Jahre dauern. Und dann könnten die Parlamente der 27 EU-Mitgliedst­aaten die Ratifizier­ung noch verweigern. Zur Erinnerung: Die Regierung May geht von läppischen zwei Jahren währenden Verhandlun­gen aus. Von Rogers Äußerungen nahm sie daher umgehend Abstand.

Britische Medien schreiben, dass Rogers eine zu »negative Vision zum Brexit« hat, das habe ihn schließlic­h den Posten gekostet. Befürworte­r des EU-Austritts begrüßten seinen Rücktritt, die EUKommissi­on bedauerte den »Verlust eines profession­ellen, sachkundig­en, wenn auch nicht immer einfachen« Gesprächsp­artners.

May hat jetzt wieder andere Probleme als Lederhosen-Schlagzeil­en: Sie muss schleunigs­t einen neuen EU-Botschafte­r finden. Das wird nicht einfach. Um den Job ist schließlic­h niemand zu beneiden.

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Foto: AFP/Thierry Charlier Ivan Rogers kritisiert den BrexitKurs der britischen Regierung.

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