Sie kam, sah – und hofft
Die britische Premierministerin May ist der erste Staatsgast von US-Präsident Trump
Theresa May ist der erste ausländische Staatsgast, der vom neuen USPräsidenten Trump empfangen wird. Die britische Premierministerin spricht von einer Ära der amerikanischen Erneuerung. Großbritanniens Premierministerin Theresa May ließ schon unmittelbar nach ihrer Ankunft in den USA keinen Zweifel daran, dass sie die Zukunft ihres Landes an der Seite Washingtons sieht. Am Vorabend ihres Treffens mit dem neuen Präsidenten Donald Trump sprach May vor republikanischen Politikern über die historischen Verbindungen zwischen beiden Staaten: In beiden Weltkriegen und während des Kalten Krieges hätten Washington und London die westliche Welt angeführt. Beide Staaten seien durch »gemeinsame Werte« eng aneinander gebunden.
May hielt sich nicht mit Schmeicheleien zurück. Sie bezeichnete Trumps Wahlsieg als Beginn »einer neuen Ära amerikanischer Erneuerung«, aus der die USA »stärker, bedeutender und zuversichtlicher« hervorgehen würden. Und sie rief dazu auf, die »besondere Beziehung« zwischen den USA und Großbritannien zu erneuern und gemeinsam »die moderne Welt anzuführen«.
Theresa May ist die erste ausländische Staats- oder Regierungschefin, die Trump seit seinem Amtsantritt besucht. Ganz oben auf der Liste der Gesprächspunkte steht ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA. Trump hatte sich bereits während des Wahlkampfes dafür ausgesprochen, ein solches Abkommen möglichst bald in die Wege zu leiten. Die britische Re- gierung setzt große Erwartung in Trump. Der Ausblick auf ein umfassendes Abkommen mit den USA, so die Hoffnung in London, könnte Großbritannien Rückendeckung bei den Austrittsverhandlungen mit der EU geben. Viele Brexit-Unterstützer und konservative britische Medien zeigten sich über Mays Vorstoß gegenüber den USA erfreut.
Doch zugleich nimmt auch die Kritik zu. Am Tag nach Trumps Vereidigung haben in mehreren britischen Städten Zehntausende gegen den neuen US-Präsidenten demonstriert. Am Tag ihrer Abreise in die USA berichteten britische Medien ausführlich darüber, dass Trump in einem Interview Folter gutgeheißen hatte. Labour-Chef Jeremy Corbyn erklärte, May solle britische Werte an erste Stelle setzen und nicht Amerika. Die konservative Abgeordnete Sarah Wollaston schrieb auf Twitter: »Man kann nicht auf der Weltbühne führen, indem man Folter befürwortet, widerliche rassistische Klischees und die Uhr für Frauenrechte weltweit zurückdreht.« Angus Robertson, Fraktionschef der schottischen SNPPartei im Unterhaus, fragte, wie May von einer »besonderen Beziehung« zu den USA sprechen könne, wenn deren Präsident Folter gutheiße.
Auch mit der EU könnte May wegen ihres Vorstoßes gegenüber den USA Ärger bekommen. Denn solange Großbritannien Teil der EU ist, darf London keine Verhandlungen mit Drittstaaten über Handelsbeziehungen beginnen. Außenminister Boris Johnson plant offenbar, das zu ignorieren. Er erklärte, man könne ja in Vorabgesprächen solche Abkommen schon einmal »mit dem Bleistift auf die Rückseite eines Umschlages schreiben«.