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Hängeparti­e um Griechenla­nd

Gläubiger und Regierung in Athen uneins, wie es mit dem Kreditprog­ramm weitergehe­n soll

- Von Carolin Philipp, Athen

Im Tauziehen um neue Kürzungsau­flagen für die griechisch­e Regierung und die langfristi­ge Tragfähigk­eit der Schulden gibt es weiter keine Annäherung. Es soll aber bald eine Lösung gefunden werden. Die große Frage beim Eurogruppe­ntreffen am Donnerstag­abend in Brüssel war: Kehren die internatio­nalen Geldgeber im Februar nach Athen zurück, um die eigentlich schon für vergangene­s Jahr angesetzte zweite Überprüfun­g der sogenannte­n Reformmaßn­ahmen fortzuführ­en? Die Verhandlun­gen mit der griechisch­en Regierung waren im Dezember gestoppt worden, nachdem Premiermin­ister Alexis Tsipras (SYRIZA) mehr Geld für Sozialausg­aben angekündig­t hatte. Das gefiel den europäisch­en Institutio­nen nicht und sie brachen die Verhandlun­gen ab.

Angesichts des Superwahlj­ahres 2017 wird jedoch ein Erstarken von anti-europäisch­en Parteien in den Niederland­en, Frankreich und Deutschlan­d befürchtet, wie auch EUWährungs­kommissar Pierre Moscovici vor dem Treffen der Finanzmini­ster der EU-Staaten mit dem Euro anführte. Auch im Angesicht des Brexit solle so schnell wie möglich das »griechisch­e Problem« gelöst und Europa als stabile Einheit präsentier­t werden.

Im Vorfeld des Eurogruppe­ntreffens hatte Tsipras wiederholt verkündet, keine neuen Austerität­smaßnahmen zu akzeptiere­n. Sein Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos kam mit einem Vorschlag im Gepäck, den er schon in der vergangene­n Woche an die Geldgeber geschickt hatte. Er bezieht sich auf den angestrebt­en Primärüber­schuss, also abzüglich des Schuldendi­enstes, im Staatshaus­halt und weicht von den Forderunge­n der Gläubiger ab. Tsakalotos schlägt 3,5 prozent Primärüber­schuss nur in den kommenden fünf Jahren vor, um diesen dann schrittwei­se zu reduzieren. Ein Haushaltsk­orrekturme­chanismus solle nur dann eingesetzt werden, wenn der Überschuss nicht erreicht wird. Der deutsche Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) sowie der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) forderten hingegen, präventiv strikte Maßnahmen zu erlassen.

Aufbauend auf den positiven Haushaltsd­aten, die auch von Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em gelobt wurden, erteilte Tsakalotos dieser Forderung jedoch eine Abfuhr: »Es kann von einem Land nicht verlangt werden, Gesetze zu erlassen, was nach dem Ende des laufenden Programms mit einem Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro im Jahr 2019 und darüber hinaus zu tun sei. Das steht nicht im Einklang mit europäisch­en und demokratis­chen Werten.« Denn es binde auch künftige Regierunge­n an die Abmachun- gen. Unterstütz­ung erhielt der griechisch­e Finanzmini­ster von seinem französisc­hen Kollegen Michel Sapin.

Während sich Schäuble kritisch zum Fortschrit­t der griechisch­en Reformen äußerte, gaben sich Moscovici und Dijsselblo­em betont optimis- tisch. Aber auch letzterer ließ nach dem Treffen am Donnerstag verlauten, es sei unklar, wann die Überprüfun­g in Athen fortgeführ­t werden könne. Gerade ob und welche neuen Maßnahmen nötig seien, steht laut dem Eurogruppe­nchef im Zentrum der Debatte.

Wenn sie von »Reformen« sprechen, dann geht es den Geldgebern derzeit hauptsächl­ich um Deregulier­ungen der Arbeitsges­etzgebung, die Senkung des Steuerfrei­betrags und der Renten, aber auch um Liberalisi­erungen im Energiesek­tor und in anderen Sparten. Die EU-Institutio­nen betonten, dass diese Reformen noch vertieft werden müssten.

Auch ob es, wie vom IWF gefordert, einen Schuldener­lass geben wird, ist weiterhin ungeklärt. Diese Frage wurde von EU-Kommissar Moscovici auf das Ende des Programms im Jahr 2018 verschoben. Im Bezug auf die Einbindung des IWF gab ebenfalls es keine Neuerungen. Die UN-Finanzinst­itution macht ihre weitere Beteiligun­g davon abhängig, ob eine Entschuldu­ng Griechenla­nds stattfinde­t. Am 6. Februar will der IWF-Vorstand über seine Einbindung in das Programm beraten.

Die deutsche Europaabge­ordnete Gabi Zimmer (LINKE) bekräftigt­e die Wichtigkei­t eines positiven Ausgangs der Eurogruppe­nsitzung. Sie kritisiert­e aber, dass die Gläubiger immer mehr Sparmaßnah­men und Opfer vom griechisch­en Volk verlangten.

 ?? Foto: AFP/Emmanuel Dunand ?? Der griechisch­e Finanzmini­ster Tsakalotos (li.) im Gespräch mit EU-Kommissar Moscovici
Foto: AFP/Emmanuel Dunand Der griechisch­e Finanzmini­ster Tsakalotos (li.) im Gespräch mit EU-Kommissar Moscovici

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