Im Landesamt für Flüchtlinge herrscht Chaos
Haus der Demokratie und Menschenrechte organisierte Veranstaltung mit Senatorin Breitenbach und Aktivisten
Familiennachzug, Wohnungsnot und ungeklärter Aufenthaltsstatus sind die Probleme laut Flüchtlingsaktivisten. Die Senatorin legt drauf und kritisierte das Landesamt. Sogar Besetzungen seien eine Option. Katharina Mühlberger vom Flüchtlingsrat sowie Anna Schmitt vom Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migranten (BBZ) hatten eine ganze Liste von Forderungen mitgebracht. Bei Wein, Brot und Käse wollten sie diese mit Integrationssenatorin Elke Breitenbach (LINKE) diskutieren. Diese stellte sich im Haus der Demokratie und Menschenrechte am Donnerstagabend den Fragen und Forderungen der beiden Aktivistinnen sowie dem Publikum. Johanna Treblin, BerlinRedakteurin beim »neuen deutschland«, moderierte.
Für Geflüchtete sei momentan vor allem das Thema Familiennachzug wichtig, sagte Anna Schmitt. Zum einen sei ein Problem, dass die entsprechenden Formulare oft in schwierig zu verstehendem Behördendeutsch verfasst worden seinen, wodurch die Flüchtlinge nicht in der Lage seien, einen Antrag selbst zu stellen. Das BBZ käme dadurch an die Grenze seiner Möglichkeiten. Zum anderen hätten viele Geflüchtete Probleme bei der Wohnungssuche. Die Erlaubnis zum Bezug einer Woh- nung durch das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) dauere oft so lange, dass Vermieter eine Wohnung in der Regel schon anderweitig vermietet hätten, wenn endlich die Erlaubnis vorliege.
Zum Dritten habe die Ausländerbehörde nach wie vor große Schwierigkeiten, die elektronischen Chipkarten, die den jeweiligen Aufenthaltsstatus enthalten, an Flüchtlinge auszugeben, so Mühlberger. Deshalb werde momentan meist ein Zettel mit dem Aufenthaltsstatus ausgeben, der aber von anderen Behörden, wie beispielsweise den Jobcentern, oft nicht akzeptiert werde.
Elke Breitenbach, Senatorin für Integration (LINKE)
Die beiden Aktivistinnen wenden sich auch gegen die Containerdörfer, die teilweise keine eigenen Bäder oder Küchen vorsehen und die die Menschen damit zwingen, eine Vollverpflegung in Anspruch zu nehmen.
Senatorin Breitenbach bestätigte die Probleme im Großen und Ganzen. »Tempohomes und MUFs hätte es mit mir nicht gegeben«, sagte sie. Allerdings sei es nun auch nicht mehr möglich, die Entscheidungen des Vorgängersenats rückgängig zu machen.
Sie bestätigte außerdem die großen Schwierigkeiten, die der Senat habe, Betreiber für Gemeinschaftsunterkünfte zu finden. Schuld sei das langwierige europäische Ausschreibungsverfahren. »Wir machen das jetzt per Allgemeinem Sicherheitsund Ordnungsgesetz.« Seit ihrem Amtsantritt sei es gelungen, zehn als Notunterkünfte benutzte Turnhallen freizuziehen, bis Ende Februar plane sie, die übrigen Flüchtlinge auf andere Unterkünfte zu verteilen. Allerdings räumte sie ein, dass es bereits jetzt Bauverzögerungen gebe.
Im LAF herrsche Chaos, so Breitenbach. Momentan seien rund 100 Stellen unbesetzt, wodurch sich alles verzögere. Es gebe kein ordentliches Belegungsmanagement, wodurch alleinreisende Frauen oder lesbische, schwule, bi- und transsexuelle Flüchtlinge nicht geschützt untergebracht werden könnten. Nach wie vor gäbe es viele unbezahlte Rechnungen, und niemand sei da, der befugt ist, diese abzuzeichnen. Sie hätte nicht geahnt, dass die Zustände im LAF so schlimm seien, und räumte ein, dass sie wohl noch die nächsten fünf Jahre mit diesen Problemen beschäftigt sein werde.
Die Forderung aus dem Publikum, Wohnraum für Flüchtlinge zu besetzen, wie in den 80er oder 90er Jahren nahm sie mit einem »Warum nicht?« auf. Dies sei allerdings nur eine Option, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gebe, so Breitenbach.
»Tempohomes und MUFs hätte es mit mir nicht gegeben.«