Für 99 Euro nach Mallorca fliegen?
Konferenz der LINKEN zur sozial-ökologischen Frage
»Genug für Alle« – so lautete das Motto einer Konferenz, zu der die Rosa-Luxemburg-Stiftung und die Linksfraktion im Bundestag am vergangenen Wochenende nach Essen einluden. Die rund 400 Teilnehmer versuchten sich an der Ausbuchstabierung einer ökologischen, antikapitalistischen Politik.
In der Zeche Zollverein wollte die LINKE nicht nur mit sich selbst diskutieren, sondern auch mit vielen Aktivisten aus der Bewegung für Klimagerechtigkeit, mit Vertretern von Umweltverbänden und Wissenschaftlern. Gegenseitiges Kennenlernen und ein offener Austausch waren gefragt. Man müsse nicht bei Null anfangen, denn viele Bewegungen, die zur Zeit erfolgreich seien, würden von einem ökologischen, aber auch sozial gerechten Gedanken getragen, hieß es schon zur Begrüßung. Als Beispiele wurden der Protest gegen TTIP genannt oder der Volksentscheid zur Wasserversorgung in Berlin. Dennoch wird die LINKE oft nicht als ökologische Partei wahrgenommen. »Hartz IV und soziale Gerechtigkeit – dafür sind wir da«, so ein Konferenzbesucher. Dass die Partei sich auch für Klimagerechtigkeit einsetze und ökologische Fragen mit der Forderung nach einer gerechten Gesellschaft verbinde, würde zu selten deutlich.
Einer der prominentesten Redner bei der Konferenz war Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Mit drastischen Worten wies er darauf hin, dass es eine radikale Umkehr brauche, um die Erderwärmung zu stoppen. Man habe da nicht mehr Jahrzehnte Zeit. Wenn nicht bald gehandelt werde, gebe es viele Millionen von Klimaflüchtlingen, da Teile der Erde nicht mehr bewohnbar sein würden. Auf die Frage, wie man dem Problem begegnen könne, erklärte Schellnhuber, es müsste eine höhere Besteuerung für Reiche geben, denn diese seien maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich. Aber auch jeder Einzelne könne etwas tun und sich etwa überlegen, wo er Geld anlege und welche Produkte er kaufe.
Zu diesen Worten Schellnhubers passte gut die anschließende Diskussion über »Konsumkritik«. Michael Kopatz vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, der vor Kurzem das Buch »Ökoroutine« veröffentlichte, sprach über praktische Dinge im Alltag wie Wäsche trocknen auf der Leine, mit dem Fahrrad einkaufen fahren und auch mal auf etwas verzichten. Der Umweltwissenschaftler sprach auch Punkte an, die von der Politik verändert werden könnten, etwa Garantiezeiten von 15 Jahren auf Kühlschränke oder von vier Jahren auf Handys. Dann, so vermutet Kopatz, würden die Geräte auch so lange halten. Was bei dem Workshop allerdings auch auffiel, war der Widerspruch zwischen Ökologie und Konsum. So fragte ein Teilnehmer, wie er Arbeitern erklären solle, dass sie nicht »für 99 Euro nach Mallorca fliegen« sollten. Eine eindeutige Antwort darauf wurde nicht gefunden.
Christoph Butterwegge, Bundespräsidentschaftskandidat der LINKEN, brachte es etwas auf den Punkt: »Wer arm ist, geht nicht in den Bioladen«, so der Armutsforscher. Ideen von einem »grünen Kapitalismus« erteilte Butterwegge eine klare Absage. Der Kapitalismus sei das Problem. Ihn grün anzustreichen, würde vielleicht ökologische Probleme abmildern, aber nicht das Dilemma der Ungleichheit lösen.
Beim Abschlusspodium am Samstagabend herrschte Einigkeit: Die sozial-ökologische Frage müsse von der LINKEN und den sozialen Bewegungen angegangen werden. Dem konnten auch die meisten Teilnehmer zustimmen.