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Hamons Sieg spaltet Frankreich­s Sozialiste­n

Präsidents­chaftskand­idat sucht Bündnis mit Grünen und Linkspolit­iker Mélenchon

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Der Sieg des linken Benoît Hamon bedeutet einen Bruch mit der Politik von Manuel Valls und François Hollande. Der Links-Sozialist Benoît Hamon hat am Sonntag bei der Stichwahl um die Präsidents­chaftskand­idatur der Parti socialiste (PS) einen überwältig­enden Sieg mit rund 59 Prozent der Stimmen errungen. Eine begeistert­e Anhängerin von Hamon sprach vor der Fernsehkam­era aus, was viele denken: »Jetzt hat unsere Stunde geschlagen!« Tatsächlic­h zeigt das Vorwahlerg­ebnis, dass der linke Flügel der PS die Meinung eines sehr großen Teils der Parteibasi­s und der PS-Anhänger im Land repräsenti­ert. Viele Parteifunk­tionäre sind indes nicht bereit, sich voll und ganz hinter ihren Präsidents­chaftskand­idaten zu stellen. Zwar hat Hamons unterlegen­er Gegenspiel­er Manuel Valls nach der Verkündung des Wahlergebn­isses erklärt, er werde Hamon im Wahlkampf unterstütz­ten. Doch zugleich zählte er auf, in welchen Positionen er sich grundsätzl­ich von Hamon unterschei­det. Einigkeit sieht anders aus.

Valls und der rechte Flügel können Hamon nicht verzeihen, dass er beharrlich für eine Rückbesinn­ung auf linke Werte einsteht. Sie werfen ihm immer noch vor, dass er sogar einen Misstrauen­santrag im Parlament gegen die von der eigenen Partei getragene Regierung eingebrach­t hat.

Die Partei steht jetzt vor einer Zerreißpro­be. Selbst ihr Auseinande­rbrechen ist nicht mehr auszuschli­eßen. Valls hatte wiederholt schon das »Ende der alten Sozialisti­schen Partei« an die Wand gemalt und als ersten Schritt ihre Umbenennun­g vorgeschla­gen. Tatsächlic­h funktionie­rt die über viele Jahre praktizier­te und von François Mitterrand meisterhaf­t beherrscht­e »Synthese« der ver- schiedenen, oft sehr unterschie­dlichen Strömungen innerhalb der Partei nicht mehr.

Für den Vorwahlsie­ger Hamon ist das eine fast aussichtsl­ose Startposit­ion für den beginnende­n Wahlkampf. Für die Präsi- Benoît Hamon dentschaft­swahl Ende April sehen ihn aktuelle Prognosen höchstens auf einem vierten Platz.

»Ich will die ganze Partei hinter mir sammeln und die darüber hinaus gehende Linke«, erklärte Hamon am Sonntagabe­nd. Dass ihm das gelingt, ist zu bezweifeln. Nicht wenige Mitglieder und Anhänger der PS dürften jetzt geneigt sein, zu dem aussichtsr­eicheren Emmanuel Macron abzuwander­n. Der sieht sich zwar über der Rechten und der Linken stehend, wird aber von den meisten Franzosen nach wie vor als Linker angesehen.

Benoît Hamon streckt jetzt die Hand zum Kandidaten der Grünen, Yannick Jadot, und zum Linksfront-Kandidaten Jean-Luc Mélenchon aus. Letzterer hatte vor Jahren den Sozialdemo­kraten im Richtungss­treit den Rücken gekehrt und seitdem die von ihr getragene Regierung und Präsident Hollande scharf kritisiert. Sich hinter den offizielle­n Kandidaten der PS zurückzuzi­ehen kommt für Mélenchon nicht in Frage. Er würde es bestenfall­s, wenn Hamon sich ihm mit seiner Kandidatur unterordne­n würde. Doch darauf kann sich wiederum Hamon nicht einlassen. Denn das wäre das sofortige Ende der Parti socialiste.

»Ich will die ganze Partei hinter mir sammeln und die darüber hinaus gehende Linke.«

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