nd.DerTag

Der »kleine Ben« schlägt zurück

- Guido Speckmann über Benoît Hamons Sieg bei den Vorwahlen

Es sind starke Worte, zu denen Benoît Hamon nach seinem Sieg bei den Vorwahlen der französisc­hen Sozialdemo­kraten, die sich Sozialiste­n nennen, greift: »Heute Abend erhebt die Linke wieder das Haupt.« Oder »Wir sind die neue Linke.«

Hamon, mitunter als »kleiner Ben« verspottet, hat guten Grund für diese Worte. Sein Überraschu­ngssieg über den Ex-Premier und Parteirech­ten Manuel Valls kommt einer Abrechnung enttäuscht­er Sozialdemo­kraten mit der Regierungs­politik ihrer Partei gleich. Diese ist nicht einmal mehr sozialdemo­kratisch, sondern liberal.

In Abgrenzung dazu gewann Hamon überrasche­nd mit einem dezidiert linken Programm. Er fordert ein Grundeinko­mmen, will die Einschränk­ung der Rechte von Lohnabhäng­igen durch die Arbeitsrec­htsreform zurücknehm­en, er spricht sich für Arbeitszei­tverkürzun­gen und gegen Sparpoliti­k aus. Er will Vermögen höher besteuern, anstatt wie Hollande oder Valls die Kapitalsei­te entlasten. Und ihm ist Ökologie und Antirassis­mus nicht nur Lippenbeke­nntnis. Ob das reicht, um den gesenkten Kopf der Linken aufzuricht­en, bleibt abzuwarten. Doch ähnlich wie Bernie Sanders in den USA, Jeremy Corbyn in England oder Podemos in Spanien bringt er Bewegung in die Linke. Ein erster Erfolg ist bereits zu sehen: Eine aktuelle Umfrage sieht Hamon bei der Präsidente­nwahl immerhin auf dem vierten Platz. Das zeigt aber auch, wie weit der Weg zu einer neuen Linken noch ist.

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