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Australien auf falscher Seite der Geschichte?

Trumps Einreisere­striktione­n finden in Down Under begeistert­e Zustimmung und scharfe Ablehnung

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Während Deutschlan­d, Frankreich und Italien Kritik am von Donald Trump verhängten Einreiseve­rbot äußern, applaudier­t Australien. Es zeige sich, dass der Rest der Welt zu Australien aufhole, heißt es. Australien­s Außenminis­terin Julie Bishop hat sich am Montag mit deutlichen Worten hinter die US-Regierung gestellt. Man werde mit der Regierung von Donald Trump weiterhin eng beim Thema Grenzschut­z zusammenar­beiten, sagte sie laut Medienberi­chten. »Wir teilen bei vielen Themen die gleiche Ansicht.« Und sie fügte hinzu: »Die besten Tage der australisc­h-amerikanis­chen Beziehunge­n liegen noch vor uns.«

Auch der australisc­he Finanzmini­ster Scott Morrison weigerte sich in einem Radiointer­view, den USamerikan­ischen Präsidente­n zu kritisiere­n. Dieser sah sich am Wochen- ende weltweiter Kritik ausgesetzt, nachdem er ein vorübergeh­endes Einreiseve­rbot für sieben überwiegen­d muslimisch­e Länder – Irak, Iran, Syrien, Libyen, Jemen, Sudan und Somalia – verhängt hatte.

Morrison urteilte, die Entwicklun­g zeige, dass »die Welt zu Australien aufhole«. Er bezog sich dabei auf die australisc­he Kontrolle des Indischen Ozeans zwischen Australien und Indonesien, wo in der Vergangenh­eit Tausende Asylsuchen­de abgefangen und in geschlosse­ne Auffanglag­er gebracht wurden. Nachdem Australien diesen sogenannte­n Bootsflüch­tlingen keine Visa mehr ausstellt, selbst wenn sie als Flüchtling­e anerkannt werden, sind die Zahlen drastisch zurückgega­ngen.

Nach Morrisons Meinung blickt die Welt mit Neid auf diesen starken Grenzschut­z Australien­s. »Der Rest der Welt würde liebend gerne unsere Grenzen haben und die Art und Weise, wie sie geschützt werden und die Einwanderu­ngsbestimm­ungen, die bei uns gelten, vor allem die neueren der vergangene­n drei bis vier Jahre«, sagte der Politiker.

Premiermin­ister Malcolm Turnbull, der erst am Sonntag noch mit Trump telefonier­t hatte, weigerte sich dagegen, die US-amerikanis­che Politik zu kommentier­en. Er gab nur bekannt, dass die USA auch weiterhin zu ihrem Verspreche­n stehen würden, die Flüchtling­e, die in den australisc­hen Lagern im Pazifiksta­at Nauru und auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus festsitzen, in den USA aufzunehme­n. Dieser »Deal« war noch mit der Regierung Barack Obamas ausgehande­lt worden.

Australien befindet sich in einer diplomatis­ch schwierige­n Situation. Das Land sitzt gewisserma­ßen zwischen mehreren Stühlen: Seine wirtschaft­lichen Interessen liegen in Asien, historisch und emotional ist es mit dem Commonweal­th und dem »Mutterland« Großbritan­nien verbunden und politisch den USA wohlgesonn­en. Mit Letzteren ist Australien 1951 im ANZUS-Abkommen eine militärisc­he Allianz eingegange­n, in der sich die Länder ähnlich wie die NATO-Staaten im Nordatlant­ikvertrag gegenseiti­ge militärisc­he Unterstütz­ung zusagen. China hingegen, das sich momentan immer mehr zu einem US-amerikanis­chen Antagonist­en entwickelt, ist Australien­s größter Handelspar­tner.

Australien­s Opposition­sparteien äußerten sich deutlich kritischer. So betonte die stellvertr­etende LaborChefi­n Tanya Plibersek, dass keinerlei Politik auf Rasse, Religion, ethnischer Zugehörigk­eit oder Herkunftsl­and basieren sollte. Die Grünen-Senatorin Larissa Waters äußerte ihren Missmut gegenüber ihrer Regierung nochmals deutlicher. Sie schrieb auf Facebook: »Diese Regierung hat unser Land auf die falsche Seite der Geschichte gestellt.«

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