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Besser und sicherer reisen mit der App

Körperlich beeinträch­tigte Menschen haben Programm der Deutschen Bahn mitentwick­elt und testen es nun

- Von Margit Glasow

Die Deutsche Bahn entwickelt mit »DB barrierefr­ei« eine App, die sich an den Bedürfniss­en von Reisenden mit Behinderun­gen orientiert. Ein Prototyp ist derzeit in der Umsetzung. Anna ist eine der 1000 Personen, die seit einigen Wochen den Prototypen der App »DB barrierefr­ei« testet, um das Programm zu optimieren. Denn Anna ist eine Vielreisen­de. In manchen Zeiten legte die Diplomsozi­alpädagogi­n pro Jahr bis zu 22 000 Kilometer mit der Bahn zurück. Die engagierte Frau setzt sich als Mitglied der programmbe­gleitenden Arbeitsgru­ppe der Bahn dafür ein, Menschen mit Behinderun­gen ein barrierefr­eies und selbstbest­immtes Reisen zu ermögliche­n. Für drei Wahlperiod­en war sie darüber hinaus auch für den Kundenbeir­at der Bahn unterwegs.

Das Besondere daran: Anna ist von Geburt an blind. Und genau aus diesem »Blick«-Winkel heraus testet sie die App. Denn für sie und andere blinde und sehbehinde­rte Menschen ist es besonders wichtig, dass die Informatio­nen zu den Reisen am Bahnsteig angesagt werden. Wenn sie nur angezeigt werden, kann Anna sie nicht wahrnehmen. Zudem braucht sie gute Blindenlei­tsysteme im Boden, um Bahnhofszu­gänge, Bahnsteige, Treppen, Reisecente­r und anderes zu finden. Ebenso ist sie auf taktile Handbeschr­iftungen an Treppengel­ändern und deutliche Kantenmark­ierungen von Treppen angewiesen. Das – und einiges mehr – ist momentan nicht überall, schon gar nicht auf kleinen Bahnhöfen, und oft nicht in ausreichen­dem Umfang vorhanden.

Ziel der App ist es, Kunden einen digitalen Reisebegle­iter mit allen relevanten Informatio­nen entlang ihrer Reisekette in einer für sie hilfreiche­n Form zur Verfügung zu stellen. Die App orientiert sich primär an den Bedürfniss­en von Reisenden mit körperlich­en und Sinnesbehi­nderungen, bietet jedoch im Sinne des Konzepts »Design für alle« auch anderen Reisenden einen Mehrwert.

Erfreulich ist dabei, dass Menschen mit Behinderun­gen tatsächlic­h an der Entwicklun­g der App in einem akti- ven Prozess von der ersten Idee bis zum Prototyp beteiligt wurden und werden. Anna konnte zum Beispiel für die Gruppe der blinden und sehbehinde­rten Menschen in mehreren Workshops zusammen mit anderen darüber debattiere­n, was sie für ein barrierefr­eies Reisen benötigt und wie die Umsetzung aussehen kann. Mit diesem Lösungsans­atz eröffnen sich vollkommen neue und innovative Möglichkei­ten einer reisebegle­itenden Unterstütz­ung.

Wenn Anna unterwegs ist, erhält sie über die Sprachausg­abe ihres Smartphone­s Gleisinfor­mationen etwa über Verspätung­en. Bis Herbst 2017 ist in einem weiteren Schritt die Funktion »DB Service-Assistent« geplant, durch die blinde Reisende Auskunft und Unterstütz­ung vom Zugpersona­l erhalten sollen. Mittels ihres Smartphone­s könnte Anna ihr Anliegen direkt benennen, damit das Personal schnellstm­öglich zur Stelle sein kann. Wichtige Informatio­nen zu ihrer Reise würde sie als Text- oder Sprachnach­richt direkt auf ihr Handy erhalten. Momentan ist die App ausschließ­lich für Nutzer von IOS-Geräten möglich. In der ersten Produktver­sion – voraussich­tlich noch im ersten Quartal 2017 – soll es auch eine Android-Variante geben.

Doch die App soll nicht nur Vorteile für sehbehinde­rte Reisende bringen. Profitiere­n sollen auch Menschen mit Hörbehinde­rungen. Und für Reisende mit körperlich­en Einschränk­ungen ist geplant, dass sie Informatio­nen etwa über Aufzüge erhalten, wenn diese aktuell gestört sind. So könnten Rollstuhlf­ahrer und Gehbehinde­rte schon im Voraus planen, welche Wege derzeit für sie nicht möglich sind und zumindest alternativ­e Strecken in Betracht ziehen.

Ziel ist es, Kunden einen digitalen Reisebegle­iter mit allen relevanten Informatio­nen in einer hilfreiche­n Form zur Verfügung zu stellen.

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