nd.DerTag

Kooperativ aus der Krise

Die indigene Genossensc­haft Cencoic aus Kolumbien sorgt bei Kaffeebohn­en für Qualität und faire Preise

- Von Knut Henkel

Cauca heißt eine der wichtigste­n Kaffeeanba­uzonen Kolumbiens. Von dort liefert die indigene Genossensc­haft Cencoic Kaffeebohn­en bis nach Hamburg. Ein Erfolgsmod­ell in einer umkämpften Region. Das weiße Schild auf der grünen Hauswand ist schon von Weitem zu sehen. »Verkaufe Kaffeesame­n«, steht drauf. Francisco »Pancho« Medina wohnt auf der kleinen Kaffeefinc­a, von der man einen prächtigen Blick in einen Talkessel hat. Den kleinen Hang hat Kaffeebaue­r Medina mit rund 3000 Kaffeesträ­uchern bepflanzt. »Mehr geht nicht, denn ich habe nur einen knappen Hektar Land«, erklärt der 61-jährige kantige Kaffeebaue­r. Daher setzt er auf traditione­lle Sorten, zieht sein eigenes Saatgut und sorgt für optimale Bedingunge­n auf der kleinen Fläche. Unzählige grüne Kirschen hängen an den buschigen halbhohen Sträuchern. Allesamt noch junge Pflanzen, die im März eine gute Ernte bringen sollen. Darauf hofft Medina genauso wie seine Nachbarn aus Caldonó, einem mittelgroß­en Dorf rund 50 Kilometer entfernt von Popayán. Die von weißen Kolonialge­bäuden geprägte Stadt ist die Hauptstadt des Cauca und eine Kaffeestad­t Kolumbiens.

Hier hat die Cencoic, die vom »Regionalen Rat der indigenen Gemeinden des Cauca« (CRIC) gegründete Genossensc­haft ihren Sitz und kümmert sich um den Verkauf der aromatisch­en Bohnen und berät die Bauern auch beim Anbau. Medina, ein Angehörige­r der Nasa-Ethnie, gehört zu den 2103 Mitglieder­n der Cencoic, die derzeit in sechs Gemeinden des Cauca aktiv ist – darunter eben auch Caldonó. Dort dreht sich vieles um den Kaffee. 371 Familien sind es, die María Cecilia Valencia für die Cencoic koordinier­t. Regelmäßig­e Besuche gehören dazu und während der Ernte wird der Kaffee dann in der Bodega, dem Lagerhaus, in Caldonó in Augenschei­n genommen, sortiert nach Qualität eingestuft und gelagert.

Für die kommende Ernte sind die Perspektiv­en nach mehreren Jahren mit massiven Problemen mit Schädlinge­n gut. »Wir hatten wie viele Bauern in ganz Mittel- und Südamerika massive Probleme mit La Roya, einem Pilz, der die Blätter der Kaffeepfla­nze befällt«, erklärt Hernán Castellano, Cencoic-Agrartechn­iker. Daraufhin hat der regionale Kaffeeverb­and eine angeblich resistente Kaffeesort­e namens Castillo in der Region eingeführt. Das funktionie­rte anfangs gut, doch bald stellte sich heraus, dass die Sorte nicht schädlings­resistent und obendrein noch sehr anspruchsv­oll ist. »Ohne Düngemitte­l geht es nicht und die Erträge sinken relativ schnell«, sagt Francisco Medina. Er war auch mit der Qualität der Bohnen nicht ganz zufrieden.

Castillo ist eine Kreuzung zwischen einer Robusta- und einer Arabica-Sorte und hat nicht die Qualität der traditione­llen Sorten wie El Tipico, El Común oder Caturro. Zu denen ist Medina zurückgeke­hrt und er zieht Setzlinge und verkauft sie auch. Das ist auch die Strategie von Cencoic-Experte Castellano und dessen Chef Juan Carlos Guamape. Die beiden sind regelmäßig in der Region unterwegs sind und wollen den BioAnteil in der Produktion auf 30 bis 40 Prozent steigern. »Die Nachfrage ist da und wir haben auf den ersten Kaffeefarm­en Kompost und BiodüngerS­tationen eingericht­et, kümmern uns nach der Übergangsz­eit um Zertifizie­rung und setzten darauf, dass sich die Bauern in kleinen Gruppen zusammensc­hließen«, so Guampe.

Das funktionie­rt, so María Cecilia Valencia, die eine von derzeit 16 Bio- bauern in Caldonó ist, gemeinsam mit ihrem Nachbarn Jairo Turibio Biodünger produziert und zufrieden mit den Resultaten ist. »Ich habe

»Wir verkaufen an Cencoic und erhalten je nach Qualität des Kaffees unterschie­dliche Preise. Ich bin zufrieden.«

Francisco »Pancho« Medina Kurse besucht, viel gelernt und kann nun auch mit einem Laptop umgehen, um Ernte und Lagerbestä­nde gleich ins System einzugeben«, schildert sie ihre Fortschrit­te. Das hat ihr ein neues Standing unter den Kaffeebaue­rn von Caldonó eingebrach­t. Die koordinier­t sie, lädt zu Treffen in der Bodega, organisier­t die Besuche vom Agrartechn­iker Castellano­s in der Region und versucht Probleme gemeinsam zu lösen.

Eine positive Entwicklun­g ist sichtbar: Heute erhalten Bauern wie Medina deutlich bessere Preise als früher, wo mangels Alternativ­e an die Coyotes, die Zwischenhä­ndler, die durch die Dörfer fuhren, verkauft werden musste. »Wir verkaufen an Cencoic und erhalten je nach Qualität des Kaffees unterschie­dliche Preise. Ich bin zufrieden«, erklärt der 61Jährige, hinter dem die Maschine zum Schälen der Kaffeekirs­chen steht.

Medina setzt auf Qualitätss­teigerung, experiment­iert mit unterschie­dlichen Arabica-Sorten, denn zusätzlich­e Anbaufläch­en sind für ihn nicht zu bekommen. »Mir fehlt das Kapital«, sagt er. Ein typisches Problem in Kolumbien, wo fast neunzig Prozent der Anbaufläch­en sich in den Händen von Großgrundb­esitzer konzentrie­ren. Das ist im Cauca, wo immer wieder Bauern-wie Umwelt aktivisten ermordet werden, nicht anders. So bleibt den Kleinbauer­n kaum etwas anderes übrig, als auf Qualität und gute Erträge zu setzen. Das wissen die Kunden der Cencoic zu schätzen, wozu auch die Hamburger Kaffee-Genossensc­haft Aroma Zapatista gehört, die im vergangene­n Jahr zwei Container abgenommen hat. »Die Wertschätz­ung für unseren Kaffee ist ein wichtiges Signal «, erklärtCen­coicKaffee v er antwortlic­heJu an Carlos Guampe und deutet auf das neueste Cencoic-Produkt: Café Áte-Sek. Ein Kaffee von und für indigene Gemeinden, denn traditione­ll wird Kaffee von den Bauern exportiert, aber nur selten konsumiert. Das soll sich ändern und damit steigen nicht nur die Perspektiv­en, sondern auch das Selbstwert­gefühl von Bauern wie Francisco Medina.

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Die in der CRIC-Kaffeekoop­erative aus dem Cauca organisier­ten Kleinbauer­n haben gut lachen. Foto: Knut Henkel

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