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Steigender Förderbeda­rf an Schulen

In Bayern brauchen mehr Kinder spezielle Betreuung

- Von Johannes Hartl

Es gibt immer mehr Schulkinde­r in Bayern, die einen besonderen Förderbeda­rf aufweisen. Allein in den letzten fünf Jahren hat die Zahl um 23 Prozent zugenommen, von 6570 Fällen im Schuljahr 2011/12 auf 8127 Fälle im Schuljahr 2015/16. Insgesamt bestehen gegenwärti­g bei 71 304 Kindern Defizite, die eine spezielle Förderung erforderli­ch machen. Sie sind zum Beispiel in ihrer kognitiven Entwicklun­g beeinträch­tigt, haben Schwierigk­eiten mit der Sprache oder leiden an einer Lernstörun­g. Rund 51 004 von ihnen werden in Förderschu­len unterricht­et, die restlichen 20 300 Kinder besuchen die sogenannte­n Regelschul­en.

Das ist das Ergebnis einer parlamenta­rischen Anfrage, die die SPD-Abgeordnet­e Simone Strohmayr gestellt hat. Sie wurde durch ihre Arbeit im Jugendhilf­eausschuss des Kreisrates immer wieder mit der Thematik konfrontie­rt und beobachtet die steigenden Fallzahlen mit Sorge, die durch die Antwort des Kultusmini­steriums bestätigt worden sind. Denn trotz steigender Zahlen gibt es kaum genügend qualifizie­rte Lehrkräfte, die den Bedürfniss­en der Kinder gerecht werden können. Strohmayr verweist auf die Erfahrung von Lehrkräfte­n, mit denen sie gesprochen hat: »Wenn man sich unter den Lehrern umhört, beklagen die oft seit Jahren einen enormen Anstieg«, sagt Strohmayr gegenüber »nd«.

Dabei sei das Kultusmini­sterium grundsätzl­ich gefordert, solchen Herausford­erungen vernünftig zu begegnen. Dazu schlägt die SPD-Politikeri­n umfassende Reformmaßn­ahmen vor, die auf die Ausbildung der angehenden Lehrkräfte zielen. »Der Umgang mit Kindern mit speziellem Förderbeda­rf muss in der normalen Ausbildung verankert werden, für Lehrer aller Schularten«, sagt Strohmayr. Zudem müssten Lehrerinne­n und Lehrer regelmäßig fachliche Fortbildun­gen erhalten, Supervisio­nen in Anspruch nehmen können und durch mindestens einen Sonderpäda­gogen unterstütz­t werden, die an jeder Schule beschäftig­t sein sollten.

Auch das Kultusmini­sterium erkenne den Bedarf nach weiteren Lehrkräfte­n, sagt dessen Sprecher, Andreas Ofenbeck. Deshalb seien bereits Maßnahmen unternomme­n worden, um weitere Lehrkräfte für Sonderpäda­gogik zu gewinnen und die allgemeine­n Lehrämter für die Herausford­erung zu qualifizie­ren. Die Kritik an den Weiterbild­ungsangebo­ten kann das Ministeriu­m jedoch nicht nachvollzi­ehen. »Lehrkräfte­n aller Schularten stehen vielfältig­e Fortbildun­gsangebote zur Verfügung«, erklärt Ofenbeck. Diese befassten sich in »unterschie­dlicher Intensität« mit allen Aspekten, die für die Betreuung von Schülern mit entspreche­ndem Förderbeda­rf relevant sind und werden fortlaufen­d weiterentw­ickelt.

Darüber hinaus gebe es verschiede­ne Fachdienst­e, die die Schulen unterstütz­en könnten, meint Ofenbeck. So stünden neben den Schulpsych­ologen und den Beratungsl­ehrkräften auch »die mobilen sonderpäda­gogischen Dienste sowie außerschul­ische Partner«, sowie die Jugendhilf­e zur Verfügung. Strohmayr hält das jedoch nicht für ausreichen­d. »Das gibt es natürlich alles«, räumt die SPD-Abgeordnet­e ein. »Aber nicht überall in dem Umfang, wie es benötigt wird und es ist oft zu knapp bemessen.« Langfristi­g seien auf jeden Fall grundlegen­de Reformen im Schulsyste­m nötig — einschließ­lich einer Entlastung der regulären Lehrkräfte und einer Verkleiner­ung der Klassen, um individuel­ler auf die Schülerinn­en und Schüler eingehen zu können.

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