Müller ist ein einsamer Rufer in der EU-Wüste
Als Herz-Jesu-Sozialist ist Gerd Müller über jeden Zweifel erhaben: »Teile mit den Schwachen, übernehme Verantwortung«. Diese Losung hat der deutsche Entwicklungsminister für die Flüchtlingshilfe ausgegeben: In Nordirak hat sich der CSU-Politiker gerade vor Ort ein Bild gemacht. Dort ist die deutsche Entwicklungszusammenarbeit aktiv, zum Beispiel mit dem sinnigen »Cash-for-Work-Programm«, in dessen Rahmen im Wiederaufbau tätige einheimische Handwerker mit rund 400 Euro im Monat bedacht werden. Immerhin ein Tropfen auf den heißen Stein.
Müller nimmt die Europäische Union verbal in die Pflicht. Es sei beschämend, dass die EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission nicht willens wären, zehn Milliarden Euro aufzubringen, um einen Marshallplan für Syrien und Irak auf den Weg zu bringen, der über die kurzfristige Nothilfe hinaus mittelfristig Perspektiven schaffe. Denn für Müller ist klar: »Hunger, Elend, Perspektivlosigkeit« sind die Fluchtursachen, deren Bekämpfung die conditio sine qua non ist. Damit hat er recht und zehn Millionen Menschen sind allein in Syrien und Irak auf der Flucht.
Müller hat sogar recht mit seiner Rechnung, dass es erheblich billiger sei, mit 500 Euro pro Jahr eine Flüchtlingsfamilie vor Ort zu versorgen, als das x-Fache dafür zum Beispiel in Deutschland aufwenden zu müssen. Fakt aber ist: Die Europäische Union inklusive Deutschland hat einen ganz anderen Schwerpunkt als die Beseitigung von Fluchtursachen, die nur alibimäßig betrieben wird. Es werden die Schotten dicht gemacht und mit unfairem Handel neue Fluchtursachen geschaffen. Müllers Appelle bleiben ungehört.