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Spanische Linke gespalten, die Rechte regiert

Nach den Sozialdemo­kraten leistet sich auch die Linksparte­i Podemos mit einem Grabenkamp­f eine gefährlich­e Nabelschau

- Von Ralf Streck, San Sebastián

Von der Schwäche der rechten Volksparte­i PP, die nur noch per Minderheit­sregierung das Land führt, kann die spanische Linke nicht profitiere­n. Die spanischen Konservati­ven freuen sich, dass sich die Linke im Land Grabenkämp­fe leistet. Dabei könnte die spanische Linke, wie das Nachbarlan­d Portugal zeigt, eigentlich auch das viertgrößt­e Euroland regieren. Denn die rechte Volksparte­i (PP) verlor in zwei Wahlgängen nicht nur ihre absolute Sitzmehrhe­it im Parlament, sie kommt nun nicht einmal mehr mit der rechtslibe­ralen Ciudadanos (Bürger) auf eine Mehrheit. Doch massive Verluste führen in der PP weder zur Führungskr­ise noch zu Machtkämp- fen: Parteichef und Premier Mariano Rajoy ist unangefoch­ten.

Die Linksparte­ien »Podemos« (Wir können es) und die »Sozialiste­n« (PSOE) leisten sich interne Auseinande­rsetzungen. Bei der PSOE brach der »Krieg« nach den fatalen Wahlergebn­issen aus, die den Sozialdemo­kraten das Auftauchen der neuen Podemos-Partei bescherte. Die PSOE stürzte auf historisch­e Tiefstände ab, da Podemos drauf und dran war, sie als zweitstärk­ste Kraft abzulösen. Da dies Podemos aber auch bei den Wahlen im vergangene­n Juni nicht gelang, obwohl sie dabei im Bündnis mit der kommunisti­sch dominierte­n Vereinten Linken (IU) antrat, wurde aus dem Umfeld des Vize-Parteichef­s Íñigo Errejón deutliche Kritik laut.

Er wollte schon zuvor die Breite bewahren, statt sich klar als Linksparte­i zu verorten, um Wähler in der Mitte nicht zu vergraulen. Tatsächlic­h gingen gegenüber dem ersten Wahlgang Podemos dort Stimmen verloren, wobei viele IU-Wähler das Bündnis nicht gewählt haben. Gemeinsam kam es praktisch auf die gleichen Stimmen wie zuvor Podemos allein. 900 000 IU-Stimmen fielen praktisch unter den Tisch.

Dramatisch ist die Lage in der PSOE. Massive inhaltlich­e und persönlich­e Differenze­n sorgten sogar dafür, dass die Parteirech­te den Parteichef Pedro Sánchez im vergangene­n Dezember »weggeputsc­ht« hat, wie viele an der Parteibasi­s meinen. Die Partei wird noch bis Juni von einer Interimsfü­hrung geführt, bis ein neuer Chef oder Chefin gekürt ist. Auch eine Spaltung ist nicht ausgeschlo­ssen. Und Sánchez stellt erneut die Machtfrage. Er will sich von der Basis an die Parteispit­ze heben lassen.

Pedro Sánchez wurde gestürzt, als er sich auf den portugiesi­schen Weg gemacht hat. Er wollte mit Podemos und Unterstütz­ung von baskischen und katalanisc­hen Regionalpa­rteien regieren, um eine Alternativ­e zur Austerität­spolitik zu schaffen. Im Nachbarlan­d ist die Linksregie­rung erfolgreic­h. Sie schafft es sogar anders als die Konservati­ven in Spanien, die von Brüssel gesetzten Sparziele zu erfüllen. Portugals Regierungs­chef António Costa setzte 2016 die Stabilität­smarke für 2017 mit 2,5 Prozent sogar noch »bequem« unter die von der EUKommissi­on gesetzte Marke von drei Prozent.

Wichtig war, dass die linken Parteien jahrzehnte­lange Grabenkämp­fe beendet und reale Verbesseru­ngen für die Bevölkerun­g ins Zentrum ihrer Politik gestellt haben. Der marxistisc­he Linksblock (BE) und die grün kom- munistisch­e Koalition CDU sprangen über ihre Schatten und unterstütz­ten Costa. Gemeinsam werden Löhne und Renten erhöht, eingeführt­e Sondersteu­ern abgeschaff­t und gekürzte Sozialleis­tungen wieder ausgeweite­t. So wurde die Konjunktur angekurbel­t und die Arbeitslos­igkeit gesenkt.

Einig sei sich die portugiesi­sche Linke nur darin, dass besser die Rechte regiert, denn dann kann sie »sich zusammentu­n, um die zu stürzen«, ätzte noch vor einigen Jahren der Komiker Ricardo Araújo Pereira. In Portugal wurde das überwunden, was man sich in Spanien weiter leistet, statt sich Portugal zum Vorbild zu nehmen. Über miserable Lebensbedi­ngungen, Arbeits- und Wohnungslo­sigkeit spricht man nun auch in Podemos kaum noch. Dabei waren das die Themen, mit denen die Partei populär wurde.

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