Arm und egal
Arm im Alter – für die meisten ist das eine Horrorvorstellung. Die nach neuesten Zahlen aber für immer mehr Menschen wahr werden könnte: 5,7 Millionen Menschen bzw. fast 21 Prozent aller Über-55-Jährigen hierzulande waren 2015 von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – Tendenz weiter steigend. Besonders gefährdet sind Frauen, Alleinerziehende, chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen, Solo-Selbstständige, Langzeitarbeitslose und Beschäftigte in Niedriglohnberufen. Wer sich die Liste anschaut, sieht, dass es viele Wege in niedrige Renten und damit in die Altersarmut gibt, aber leider nur wenige, die wieder hinausführen.
Das Sozialsystem bevorzugt nämlich nicht jene, die eine Bevorzugung nötig hätten, sondern in erster Linie Gutverdiener und vor allem Unternehmen statt Beschäftigte. Sobald es um neue Belastungen geht, etwa Zusatzbeiträge bei den Krankenkassen, werden diese auf die Schultern der Arbeitenden verteilt. Statt eines ausreichenden gesetzlichen Rentenniveaus hofft der Staat auf private Zusatzversicherungen, die sich ein großer Teil der Bevölkerung aber gar nicht leisten kann. Hartz-IV-Bezieher müssen fast alle Altersvorsorgerücklagen auflösen, bevor sie Hilfe erhalten. Verwunderlich ist die hohe Zahl der armen Alten also nicht. Verwunderlich höchstens, dass der herrschenden Politik diese Wählergruppe weiter egal ist.