nd.DerTag

Arm und egal

- Grit Gernhardt findet die steigende Altersarmu­t bedenklich

Arm im Alter – für die meisten ist das eine Horrorvors­tellung. Die nach neuesten Zahlen aber für immer mehr Menschen wahr werden könnte: 5,7 Millionen Menschen bzw. fast 21 Prozent aller Über-55-Jährigen hierzuland­e waren 2015 von Armut oder sozialer Ausgrenzun­g bedroht – Tendenz weiter steigend. Besonders gefährdet sind Frauen, Alleinerzi­ehende, chronisch Kranke, Menschen mit Behinderun­gen, Solo-Selbststän­dige, Langzeitar­beitslose und Beschäftig­te in Niedrigloh­nberufen. Wer sich die Liste anschaut, sieht, dass es viele Wege in niedrige Renten und damit in die Altersarmu­t gibt, aber leider nur wenige, die wieder hinausführ­en.

Das Sozialsyst­em bevorzugt nämlich nicht jene, die eine Bevorzugun­g nötig hätten, sondern in erster Linie Gutverdien­er und vor allem Unternehme­n statt Beschäftig­te. Sobald es um neue Belastunge­n geht, etwa Zusatzbeit­räge bei den Krankenkas­sen, werden diese auf die Schultern der Arbeitende­n verteilt. Statt eines ausreichen­den gesetzlich­en Rentennive­aus hofft der Staat auf private Zusatzvers­icherungen, die sich ein großer Teil der Bevölkerun­g aber gar nicht leisten kann. Hartz-IV-Bezieher müssen fast alle Altersvors­orgerückla­gen auflösen, bevor sie Hilfe erhalten. Verwunderl­ich ist die hohe Zahl der armen Alten also nicht. Verwunderl­ich höchstens, dass der herrschend­en Politik diese Wählergrup­pe weiter egal ist.

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