NATO-Aufmarsch mit vielen Fragezeichen
»Enhanced Forward Presence« (EFP) nennt sich die Operation. Zu der verstärkten vorgeschobenen Präsenz des Bündnisses gehören im Kern vier Kampfbataillone. Leitnation in Polen sind die USA, in Estland führen die Briten, in Lettland führt Kanada, in Litauen die Bundeswehr. Worum geht es? Beschlossen wurde der Aufmarsch beim Warschauer Gipfel 2016. Er soll eine Reaktion auf die Vereinnahmung der Krim durch Russland und die Lage in der Ostukraine sein, die zu massiven Spannungen geführt hat. Was wird in Litauen stationiert? Wie in den drei anderen Ländern wird es ein Kampfbataillon mit rund 1000 ausländischen Soldaten geben. Mindestens 450 kommen aus Deutschland, die anderen aus Belgien, den Niederlanden, den USA, Tschechien, Norwegen, Luxemburg, Kroatien. Das Bataillon soll über 16 Kampfpanzer und 36 Schützenpanzer verfügen, zahlreiche weitere Waffen wie Raketenwerfer und Panzerhaubitzen sind angefordert. Man ist kampffähig, ausgerüstet mit scharfer Munition. Doch eine Angriffsfähigkeit gegenüber Russland erreicht man so keineswegs. Woher kommen die Soldaten? Die Masse der Soldaten sind Panzergrenadiere aus Bayern. Panzersoldaten, Sanitäter, Feldjäger und Pioniere kommen von anderen Einheiten. Deutsche Soldaten aus der deutsch-französischen Brigade machen sich zur Ablösung der aktuellen Truppe bereit. Sie werden ab Juni 2017 übernehmen. Wer kommandiert sie? Die Battle-Group ist der litauischen Eisenwolf-Brigade unterstellt. Das ist eine Eliteeinheit, die nach der Unabhängigkeit Litauens aufgestellt und gegen Sowjettruppen eingesetzt wurde. Sie soll einem polnischen Kommando unterstellt werden, das vom NATO Joint Forces Headquarter im niederländischen Brunssum befehligt wird. Wo ist die Bundeswehr stationiert? Man hat Quartier in einer alten Eisenwolf-Kaserne in der 2000-Seelen-Gemeinde Rukla bezogen. Wer steht gegenüber? Darüber gibt es nur wenige Informationen. In Kaliningrad und im belorussischen Raum stehen, so hört man aus der Bundeswehrführung, rund 300 000 bis 350 000 Soldaten. Man geht davon aus, dass Moskau in jüngster Zeit zwei Divisionen in den westlichen Militärbezirk verlegte. Nicht in Grenznähe sondern in einem 300 Kilometer tiefen Raum. Der litauische Verteidigungsminister Raimundas Karoblis antwortete auf nd-Frage, welche und ob nuklear bewaffnete russische Kräfte in Kaliningrad sind, ausweichend. Er verwies auf nuklear bestückbare »Iskander«-Mittelstreckenraketen und Übungen im vergangenen Jahr. Eine denkbare Moskauer Option auf die aktuelle NATO-Stationierung, so hört man aus Bundeswehrkreisen, wäre, dass Russland die »Iskander« einsatzbereit meldet. Was kostet die Stationierung? Für 2017 rechnet die Bundeswehr für den Litauen-Einsatz mit Kosten von 31 Millionen Euro.