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Neuer Anlauf der Linken in Indien

Gemeinsam treten sechs Parteien zu den Wahlen im bevölkerun­gsreichste­n Bundesstaa­t Uttar Pradesh an

- Von Hilmar König

Von der Regionalwa­hl in Uttar Pradesh erhoffen sich Indiens Linke ein Protestsig­nal gegen die marktorien­tierte Wirtschaft­spolitik der Modi-Regierung. Diese habe massenhaft Elend verursacht. Sechs linke indische Parteien haben sich zusammenge­schlossen, um in Uttar Pradesh, dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesstaa­t des Landes, gemeinsam die Wahlen zur lokalen Volksvertr­etung Vidhan Sabha zu bestreiten. Das Votum gilt zugleich als Fingerzeig für die Popularitä­t der indischen Zentralreg­ierung unter Premier Narendra Modi.

Uttar Pradesh wird seit 2012 von der regional starken Samajwadi Party unter Chefminist­er Akhilesh Yadav regiert. Ernsthafte Konkurrent­en sind die ebenfalls regional ausgericht­ete Bahujan Samaj Party und die hindunatio­nalistisch­e Indische Volksparte­i (BJP). Die linken Parteien sind in der Vidhan Sabha nicht vertreten, was dem landesweit rückläufig­en Trend entspricht. Im Zentralpar­lament stellen sie elf von insgesamt 545 Abgeordnet­en. Und sie regieren in zwei von 29 Bundesstaa­ten. Aber sie wollen das Blatt wenden.

Die KPI (Marxist), die KPI, die KPI (M-L; Liberation), das Socialist Unity Centre of India (Communist), der All India Forward Bloc und die Revolution­ary Socialist Party haben beschlosse­n, bei den Wahlen in Uttar Pradesh an einem Strang zu ziehen. Diese finden in mehreren Phasen vom 11. Februar bis zum 8. März statt.

Auch wenn KPI (M)-Generalsek­retär Sitaram Yechury keine Illusionen über das Abschneide­n der Allianz hegt, hält er sie doch für dringend erforderli­ch. In einem Interview für die Tageszeitu­ng »The Hindu« nannte er drei Ziele: Die Präsenz der Linken in der Volksvertr­etung sei wesentlich, um Druck auf die Regierung auszuüben, damit sie sich stärker den sozialen Problemen widmet, die den Leuten auf den Nägeln brennen.

Für das Land sei es notwendig, die »kommunalis­tischen Kräfte« zu schlagen. Gemeint sind jene einflussre­ichen Kreise in der Gesellscha­ft, die politische und religiöse Aspekte böswillig vermischen, um sich an der Macht zu halten bzw. noch mehr Einfluss zu gewinnen. Das bezieht sich vor allem auf die BJP und ihren ideologisc­hen Ziehvater, den Hindu-Freiwillig­enverband RSS. Sie strebten danach, »den säkularen, demokratis­chen Charakter der Republik Indien durch etwas zu ersetzen, das sie ›Hindu-Reich‹ nennen«. Dieser Kurs bedrohe die Einheit und Integrität der Nation.

Eine weitere Aufgabe sei, die vehement betriebene marktorien­tierte Wirtschaft­spolitik der Modi-Regierung zu stoppen. Sie habe massenhaft Elend verursacht, den Graben zwischen den Superreich­en und den Bettelarme­n vertieft sowie zum Wirtschaft­s- und Finanzchao­s geführt und sich dabei besonders drastisch auf die Bedürftige­n ausgewirkt.

Im November 2016 hatte Modi in einer Nacht-und-Nebelaktio­n die 500und 1000-Rupien-Banknoten für un- gültig erklärt. Dadurch hätten beispielsw­eise viele Kleinhändl­er, Tagelöhner und Bauarbeite­r ihre Existenz verloren. Mit dieser »großen Verschwöru­ng« habe die Regierung die Banken rekapitali­siert, die Großkonzer­nen enorme Kredite gewährt hatten. Doch die Milliarden­summen seien nicht zurückgeza­hlt worden. Zugleich sei dem Normalverb­raucher über Monate nicht erlaubt worden, eigenes Geld von den Banken abzuheben. Diese Zusammenhä­nge gelte es, der Wählerscha­ft deutlich zu machen.

Ob oder wie stark sich die »Demonetisi­erung«, die tatsächlic­h das Leben von Millionen Bürgern durcheinan­der gebracht hat, auf das Votum auswirkt, bleibt abzuwarten. Ein schmerzlic­her Denkzettel für Modis Partei ist nicht ausgeschlo­ssen.

Sitaram Yechury will, dass die Linken ihre »alternativ­e Stimme« möglichst lautstark in der Volksvertr­etung Uttar Pradeshs zu Gehör bringen können. Ohne Zweifel ist das eine Herkulesau­fgabe. Die Allianz hat 140 Kandidaten für die insgesamt 404 Sitze aufgestell­t. Wenn ein paar von ihnen ein Mandat erhielten, wäre das schon ein Erfolg und ein bemerkensw­erter Schritt in Richtung Zusammensc­hluss linker Parteien Indiens.

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